Debatte um Spitzensteuersatz Lindner: "Die Rechnung von Herrn Merz geht nicht auf"
04.09.2023, 01:13 Uhr Artikel anhören
Rechnet anders als der CDU-Chef: Finanzminister Lindner möchte gar keine Steuern erhöhen, auch nicht den Spitzensteuersatz.
(Foto: picture alliance/dpa)
Mit seinem Vorstoß für einen höheren Spitzensteuersatz hat Friedrich Merz die SPD schnell überzeugt. Doch der FDP-Chef zeigt sich wenig begeistert von dem schwarz-roten Schulterschluss. Lindner wirft Merz zudem vor, falsch gerechnet zu haben.
Finanzminister Christian Lindner hat den CDU-Vorstoß für eine Reform des Spitzensteuersatzes klar zurückgewiesen. "Wir müssen mit dem bestehenden Geld besser auskommen und sollten nicht über Erhöhungen nachdenken", sagte der FDP-Chef im ARD-"Bericht aus Berlin". Er halte daran fest, dass die Belastung eher reduziert als erhöht werden müsse.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Wochenende ins Gespräch gebracht, dass der Spitzensteuersatz erst ab einem höheren Einkommen greifen und dafür erhöht werden könnte. "Die Rechnung von Herrn Merz geht nicht auf", sagte Lindner dazu. Der Finanzminister rechnete vor, dass der Spitzensteuersatz von derzeit 42 Prozent auf 57 Prozent erhöht werden müsste, wenn er erst ab einem Einkommen von 80.000 Euro gelten würde. Derzeit greift er ab einem Einkommen von 63.000 Euro. "Das wäre wirklich eine Strangulierung unserer wirtschaftlichen Entwicklung", sagte Lindner. "Und im Übrigen wäre es auch ungerecht: Mehr abgeben müssen von dem, was man erarbeitet an den Staat als man behalten darf, hat nichts mit sozialer Marktwirtschaft zu tun."
Der CDU-Chef hatte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt: "Schon Leute, die nur ein bisschen mehr verdienen als der Durchschnitt, erfahren eine enorme Belastung durch Abgaben und Steuern. Wir müssen die Belastungskurve abflachen, denn Leistung muss sich lohnen. Ob der Spitzensteuersatz dann bei 42 oder 45 Prozent liegt, ist nicht entscheidend." Wichtig sei eine Entlastung der Mittelschicht, argumentierte Merz.
Linnemann für große Steuerreform
Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte sich dem angeschlossen und gesagt, es sei schlicht nicht fair, dass die Mittelschicht den Spitzensteuersatz zahle. "Befeuert durch die hohen Inflationsraten gerät in Deutschland die Steuergerechtigkeit in Schieflage. Zentrales Element dieser Steuerreform muss eine breite Entlastung für die Mitte dieses Landes sein." Deutschland brauche "dringend" eine große Steuerreform. Dafür müsse zuerst der sogenannte Mittelstandsbauch abgeflacht werden. Der Spitzensteuersatz sollte deutlich später greifen als bei rund 63.000 Euro. Wenn er erst bei 80.000, 90.000 oder 100.000 Euro erhoben würde, käme es zu einer Entlastung für die breite Mitte dieses Landes, sagte Linnemann.
Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sprach sich für eine Reform des Spitzensteuersatzes aus: "Die SPD kämpft dafür, die Einkommensteuer aufkommensneutral zu reformieren. Wir wollen 95 Prozent der Beschäftigten im Land entlasten und im Gegenzug den Spitzensteuersatz für die obersten fünf Prozent moderat erhöhen. Der Spitzensteuersatz würde somit erst bei deutlich höheren Einkommen greifen, als dies bislang der Fall ist", sagte er dem "Tagesspiegel".
Quelle: ntv.de, mau/dpa