Mehr verkaufsoffene Sonntage? Lindner-Vorschlag erzürnt Verdi
24.07.2020, 15:44 Uhr
Lindner möchte die "Psychologie verändern", um den Konsum zu steigern.
(Foto: imago images/photothek)
Statt an die zweite Corona-Welle zu denken, sollen die Menschen in Deutschland sonntags öfter shoppen dürfen - wenn es nach FDP-Chef Lindner geht. Die Gewerkschaft Verdi hält von diesem Ansatz, die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen, allerdings wenig.
FDP-Chef Christian Lindner sieht in der Lockerung des Verkaufsverbots an Sonntagen ein geeignetes Instrument zur Ankurbelung der Konjunktur in der Corona-Krise. "Mir würde schon reichen, wenn die Kommunen an zwölf Sonntagen im Jahr die Geschäfte öffnen könnten", sagte Lindner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Wenn das rechtssicher gelänge, ohne dass die Kommunen eine Klage der Gewerkschaften fürchten müssten, "wäre viel erreicht".
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bürstete den Vorstoß ab. "Wer ohne Anlass sonntags die Läden öffnen will, kann nicht ganz dicht sein", sagte Verdi-Bundesfachgruppenleiter Orhan Akman der Nachrichtenagentur AFP. "Wir werden uns zusammen mit unseren kirchlichen Bündnispartnern mit aller Kraft gegen verlängerte Ladenöffnungszeiten und Sonntagsöffnungen wehren."
Lindner argumentierte in den Funke-Zeitungen, auch bei einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten müsse niemand sechs oder sieben Tage die Woche arbeiten. Dies könne bei den Beschäftigten über Arbeitszeitmodelle abgefedert werden.
Weniger Bürokratie, mehr Arbeitsplätze?
Ein "Allheilmittel" für die Konjunktur sei eine Lockerung des Verkaufsverbots nicht, sagte Lindner. Die Konsumlaune in der Bevölkerung lasse sich aber auch "über Psychologie verändern". Wenn nun fortwährend über eine zweite Infektionswelle gesprochen werde, schüre dies Ängste. "Ich würde eher darauf abstellen, dass unser Gesundheitssystem mit der ersten Welle fertig geworden ist - besser als gedacht und im internationalen Vergleich sehr vorzeigbar", sagte der FDP-Politiker.
Zudem brauche Deutschland ein "Bürokratie-Moratorium" für diejenigen, die Arbeitsplätze schaffen könnten, forderte er. "Unser Leitsatz muss sein: Vorfahrt für Arbeit. Also Planungsrecht, Steuern, Investition auf diese Priorität ausrichten."
Angesichts des Fachkräftemangels schlug Lindner vor, dass der Staat bei allen Auszubildenden und auch bei allen regulär Beschäftigten, die in den kommenden sechs Monaten eingestellt werden, die Sozialversicherungsbeiträge komplett übernimmt. "Das schafft einen Anreiz, die Ausbildung nicht zu vernachlässigen und neue Arbeitsplätze zu schaffen."
Quelle: ntv.de, tsi/AFP/dpa