Streit über Waffenlieferungen Lindner wirft Union gefährliches Spiel vor
23.04.2022, 15:09 Uhr
Die Unionsfraktion will im Bundestag über die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine abstimmen lassen. CDU und CSU gehe es dabei nur darum, der Regierung zu schaden, behauptet der Chef der Liberalen. Lindner will der Ukraine Kriegswaffen liefern – unter bestimmten Voraussetzungen.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat die Union im Bundestag wegen ihres geplanten Antrags für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine scharf kritisiert. Er warf ihr beim FDP-Bundesparteitag ein "gefährliches Spiel" vor. "Mit einer aktuellen Initiative zu Waffenlieferungen wird offensichtlich der Versuch unternommen, die Regierungskoalition in Schwierigkeiten zu bringen und damit auch die Regierung insgesamt zu destabilisieren", sagte Lindner. Die größte Oppositionsfraktion will darüber möglichst schon nächste Woche abstimmen lassen und hofft auf Zustimmung auch von Koalitionspolitikern der Grünen und der FDP, die sich für Waffenlieferungen ausgesprochen haben.
"Um es klar zu sagen: In Zeiten von Krieg in Europa habe ich für diese Form parteipolitischer Manöver keinerlei Verständnis. Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die die notwendigen Entscheidungen für unser Land trifft." Der Bundesfinanzminister wurde aus Washington zugeschaltet, wo er wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne ist. Die Übertragung wurde nach einer halben Stunde zunehmend durch Unterbrechungen gestört.
Der FDP-Chef legte ein Bekenntnis zur Lieferung schwerer Waffen ab - über einen entsprechenden Antrag des Parteivorstands sollten die Delegierten am Nachmittag diskutieren und abstimmen. Bei den Waffenlieferungen gebe es allerdings zwei "Grenzen", sagte der FDP-Chef. Sie dürften weder "unsere eigene Sicherheit" noch die "Verteidigungsfähigkeit des Territoriums der NATO" gefährden. Lindner räumte ein: "Dies limitiert unsere Möglichkeiten." Deutschland werde aber alles in seiner Macht Stehende tun, um dieses Ziel zu erreichen: "Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen, und die Ukraine wird diesen Krieg gewinnen."
Mit Blick auf den geplanten Antrag hatte zuvor bereits SPD-Chef Lars Klingbeil der Unionsfraktion vorgeworfen, auf "Krawallkurs" zu sein. Die Sozialdemokraten sehen ein taktisches Manöver. "In der Ukraine herrscht Krieg, dort sterben Menschen. Diesen grausamen Krieg sollte man nicht für parteitaktische Spiele nutzen", sagte Klingbeil und ergänzte: "Ich hoffe, diejenigen, die das auch so sehen, setzen sich in der Union durch."
Lindner lässt Kritik aus eigener Partei unerwähnt
Zudem verteidigte Lindner Bundeskanzler Olaf Scholz gegen Kritik an seiner Ukraine-Politik. "Olaf Scholz ist eine verantwortungsvolle Führungspersönlichkeit, die sorgsam abwägt und auf dieser Basis Entscheidungen trifft", sagte Lindner vor den Delegierten. "Der Bundeskanzler hat das Vertrauen der FDP und auch ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag." Der FDP-Chef zeigte Unverständnis an der Kritik der Union, die dem Bundeskanzler zu große Zögerlichkeit etwa in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine vorwirft. Allerdings gings Lindner in seiner Rede nicht darauf ein, dass die Kritik an Scholz' Ukraine-Politik auch von Politikerinnen und Politikern der FDP und des dritten Koalitionspartners, der Grünen, geäußert wurde.
Ihn störe zudem, dass aus der Unionsfraktion auch beim geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr sehr taktisch argumentiert werde, sagte Lindner weiter. Unionsfraktionschef Friedrich Merz habe erklärt, dass man der Ampel-Koalition für die erforderliche Grundgesetzänderung keine Stimme mehr als nötig geben werde. "Was ist das mehr als reine parteipolitische Taktik in einer Frage dieser historischen Dimension?" Es handele sich um eine grundlegende Weichenstellung, sagte Lindner. Die Union müsse sich fragen, ob sie mit dieser Vorgehensweise ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werde. Sein Appell an CDU und CSU sei, "bei Fragen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und bei existenziellen Bündnisfragen parteipolitisches Bodenturnen einzustellen und staatspolitische Verantwortung zu übernehmen".
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP