Erklärung von 1990 erneuert Linke entschuldigt sich für SED-Verbrechen
08.11.2014, 17:07 Uhr
Riexinger, Kipping und Gysi (v.l) fordern eine Abkehr von der "Schwarz-Weiß-Malerei" beim Erinnern an die DDR.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach 24 Jahren wiederholen die Linken eine Entschuldigung ihrer Vorgängerpartei für die Willkürherrschaft der SED-Regierung. Gleichzeitig mahnt die Partei jedoch auch, dass die Realität in der DDR komplexer gewesen sei, als sie heute oft dargestellt werde.
Anlässlich des 25. Jahrestages des Mauerfalls hat die Linkspartei das "staatliche Unrecht" in der DDR verurteilt und so eine Entschuldigung ihrer Vorgängerpartei PDS für die Taten der SED-Diktatur von 1990 erneuert.
Die beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger sowie Bundestags-Fraktionschef Gregor Gysi betonen in einer gemeinsamen Erklärung, die DDR sei ein Staat gewesen, "in dem die politische Willkür jederzeit Recht und Gerechtigkeit ersetzen konnte, in dem zehntausende Biografien durch staatliches Unrecht gebrochen und zerstört wurden." Dafür habe die SED die Hauptverantwortung getragen.
Die Partei- und Fraktionsführung der Linken erinnert in ihrer Erklärung daran, dass sich die PDS als Nachfolgepartei der SED im Frühjahr 1990 bei den Bürgerinnen und Bürgern der DDR entschuldigt habe. "Heute erneuern wir die Entschuldigung für begangenes Unrecht und das Bekenntnis, dass wir Demokratie und Rechtsstaat wie zwei Augäpfel zu hüten haben."
Die Linke ist aus der Fusion der westdeutschen WASG und der PDS hervorgegangen. Vorgänger der PDS wiederum war die Sozialistische Einheitspartei (SED) der DDR. Erst am Freitag hatte der Liedermacher Wolf Biermann bei einer Gedenkstunde im Bundestag die Linke hart angegriffen und sie verurteilt als "den elenden Rest dessen, was zum Glück überwunden ist".
Gegen "Schwarz-Weiß-Malerei"
In der Erklärung heißt es weiter: "Heute gehört die Erkenntnis, dass Grund- und Freiheitsrechte niemals auf dem Altar vermeintlich höherer Ziele geopfert werden dürfen, zu den programmatischen Kernsätzen der Linken." Die Unterzeichner wenden sich zugleich gegen eine "Schwarz-Weiß-Malerei" bei der Erinnerung an die DDR, die dem Land und den Menschen nicht gerecht werde.
"Für viele Menschen war sie das Land, in dem sie geboren wurden, in dem sie einen Teil ihres Lebens lebten, und in dem sie eine Lebensleistung erbrachten, für die sie zu Recht jene Anerkennung erwarten, die ihnen zum Teil auf dem Lohnzettel und Rentenbescheid bis heute vorenthalten wird", heißt es. Das zentrale Motiv einer neuen Erinnerungspolitik müsse sein, Brücken zu bauen und eine neue Kultur des Zuhörens zu etablieren. Kein Unrecht dürfe verschwiegen, allen Opfern müsse der gleiche Respekt erwiesen werden.
Wanka: Biermann hat untertrieben
Weiter heißt es: "Der real existierende Sozialismus scheiterte nicht zuerst an äußeren Umständen, sondern an seinen eigenen inneren Widersprüchen, an seinen Fehlern und Verbrechen, an Unfreiheit und ideologischem Dogmatismus, an seiner wirtschaftlichen Ineffizienz."
Nach Auffassung von CDU-Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hat Biermann bei seinem scharfen Angriff auf die Linkspartei noch untertrieben. "Ich habe spontan geklatscht, als Biermann das gesagt hat.
Es ist aber leider anders und schlimmer", sagte Wanka der "Welt am Sonntag". 25 Jahre nach der friedlichen Revolution könnten die SED-Nachfolger mit Thüringen wieder ein ganzes Bundesland führen. "Die Linkspartei ist mehr als der elende Rest der DDR-Staatspartei. Sie ist nicht geschlagen. Ich finde das traurig", sagte Wanka, die in der DDR aufgewachsen ist.
Quelle: ntv.de, bwe/dpa