"Immer noch Vorteilsoptimierer" Löbel sorgt mit Rücktritt für neue Empörung
07.03.2021, 12:13 Uhr
Bis zum angekündigten Rücktritt stehen Löbel noch Zehntausende Euro zu.
(Foto: imago images/Arnulf Hettrich)
Auf massiven Druck aus der eigenen Partei hin kündigt der CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel seinen Rückzug aus der Politik an. Doch seinen Kritikern geht der Rücktritt nicht schnell genug. Sie rechnen vor, welche Vorteile sich Löbel offenbar noch sichert.
Die Ankündigung des CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel, sein Mandat im Sommer niederzulegen, hat die Wogen in der Masken-Affäre nicht geglättet. Löbels Erklärung sei "der letzte Beweis für die fehlende charakterliche Eignung zur Ausübung eines politischen Mandats", twitterte sein Partei- und Fraktionskollege Matthias Hauer. "Ich habe Nikolas Löbel aufgefordert, sein Mandat im Deutschen Bundestag unverzüglich niederzulegen", sagte CDU-Landesgruppenchef und Fraktionsvizechef Andreas Jung der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
Er werde sein Bundestagsmandat Ende August niederlegen und auch nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren, hatte Löbel zuvor mitgeteilt. Zugleich werde er seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sofort beenden. "Ich übernehme die Verantwortung für mein Handeln und ziehe die notwendigen politischen Konsequenzen."
Hauer und anderen Kritikern inner- und außerhalb der Union stößt auf, dass Löbel sein Mandat trotz des eingestandenen Fehlverhaltens noch monatelang behalten möchte. In dieser Zeit stünden ihm noch rund 50.000 Euro Abgeordnetenentschädigung und etwa 9500 Euro Übergangsgeld zu. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, nannte Löbels Entscheidung auf Twitter "überfällig". "Aber erst in 6 Monaten das Bundestagsmandat niederzulegen, hat offensichtlich mit Pensionsansprüchen zu tun. Immer noch ein Vorteilsoptimierer", schrieb Bartsch.
Zum jetzt angekündigten Rückzug auf Raten hatte sich Löbel erst auf großen Druck aus der eigenen Partei hin durchgerungen. Unter anderem die CDU-Spitzenkandidaten der anstehenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hatten seinen sofortigen Rücktritt und den des CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein gefordert. Derzeit berät noch der Kreisverband Mannheim, dessen Vorsitzender Löbel ist, über weitere mögliche Konsequenzen.
Löbel soll 250.000 Euro an der Vermittlung von Schutzmasken-Aufträgen verdient haben. Er hatte Fehler eingeräumt und sich aus dem Auswärtigen Ausschuss zurückgezogen. Dem CSU-Politiker Nüßlein wiederum wird vorgeworfen, dass er über eine Beratungsfirma mehr als 600.000 Euro für die Vermittlung staatlicher Aufträge an einen Schutzmasken-Hersteller kassiert haben soll. Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte nach Razzien von einem Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern gesprochen. Nüßlein, der die Vorwürfe zurückweisen ließ, hatte am Freitag sein Amt als Fraktionsvize aufgegeben und will ebenfalls nicht mehr bei der nächsten Wahl antreten.
FDP will U-Ausschuss
Der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christoph Hoffmann, erklärte ntv.de, nur die sofortige Niederlegung des Mandats durch Löbel sei "eine echte Lösung und Schuldeingeständnis". "Ich insistiere darauf, weil nur so wirklich weiterer Schaden von der parlamentarischen Arbeit abgewendet werden kann", erklärte Hoffmann. Er verwies zudem darauf, dass auch der CSU-Abgeordnete Nüßlein "etwa weitere 60.000 Euro an Diäten bis zum Ende der Legislaturperiode" erhalte.
Der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, hatte zuvor bereits einen Untersuchungsausschuss in der Masken-Affäre gefordert. Ein solcher Ausschuss sei "das unausweichliche Gebot der Stunde für eine lücken- und schonungslose Aufklärung des regierungsamtlichen Versagens", erklärte Theurer. Es gehe "längst nicht mehr um Einzelfälle oder allein um das Abzocken durch CDU- und CSU-Abgeordnete". "Die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung, ja des deutschen Staatswesens an sich steht grundsätzlich auf dem Spiel", erklärte Theurer.
Quelle: ntv.de, mbo