Kein entscheidender Fortschritt? London: Russen täuschen Truppen-Dynamik nur vor
27.01.2023, 11:38 UhrDas britische Verteidigungsministerium geht davon aus, dass Russland mit einer gezielten Desinformationskampagne militärische Erfolge schönt. Indizien für einen entscheidenden Fortschritt in der Region Saporischschja sieht London nicht. Dennoch könnte eine Großoffensive bevorstehen.
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste könnte Moskau gezielt Fehlinformationen über den Fortschritt der eigenen Truppen in der Ukraine streuen. In den vergangenen Tagen hätten russische Online-Kommentatoren über signifikante Durchbrüche der ukrainischen Verteidigungslinie in der Region Saporischschja sowie nahe der Stadt Wuhledar in der Donbass-Region berichtet, twitterte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Kurzbericht.
Tatsächlich hätten russische Truppen an diesen Orten mutmaßlich lokale Sondierungsangriffe ausgeführt, aber wohl keine entscheidenden Fortschritte gemacht, hieß es aus London. Die Russen wollten damit möglicherweise den Eindruck erwecken, dass ihr Vormarsch an Dynamik gewinne.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London seinerseits eine Desinformationskampagne vor.
Steht Großoffensive in Luhansk bevor?
Am Donnerstag hatten Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) im Hinblick auf Russlands strategischen Einsatz verschiedener Streitkräfte geschlussfolgert, dass eine Großoffensive in der Region Luhansk bevorstehen könnte. Das Aufgebot konventioneller Streitkräfte entlang der dortigen Front sowie der Umstand, dass an den Fronten in anderen Gebieten nur begrenzte Angriffe stattfänden, sprächen dafür, dass sich die russischen Streitkräfte auf eine "entscheidende Anstrengung" in Luhansk vorbereiteten, erklärte die in Washington ansässige Denkfabrik in einem Bericht vom Mittwoch (Ortszeit).
Eine Reihe von Geheimdienstaussagen stützt diese Einschätzung. Die vereinzelten Angriffe an anderer Stelle dienten demnach dazu, die ukrainischen Streitkräfte abzulenken und zu zerstreuen. Als wahrscheinlichsten Verlauf der russischen Offensive beschrieb das US-Institut einen Angriff entlang der Achse zwischen den Orten Swatowe und Kreminna. Dieser Angriff sollte demnach über die großen Logistikzentren der Städte Luhansk und Starobilsk bis an die Grenze des Verwaltungsgebiets vorrücken, wo schließlich die Teile der Oblast erobert werden sollten, die sich weiter unter ukrainischer Kontrolle befinden.
Russland hoffe möglicherweise darauf, von der Linie Swatowe-Kreminna aus weitere Angriffe in die Region Charkiw vorzunehmen und kritisches Terrain im Norden von Donezk zurückerobern zu können. "Es ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, dass die russischen Streitkräfte auf dieser Achse nennenswert an Boden gewinnen können, selbst wenn sie einen erfolgreichen Angriff in diesem Sektor starten", heißt es in dem Bericht.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa