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"Hat getan, was Churchill tat" London stärkt Selenskyj gegen Trump

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Der britische Premier Starmer und Verteidigungsminister Healey treffen Selenskyj im Juli in London.

Der britische Premier Starmer und Verteidigungsminister Healey treffen Selenskyj im Juli in London.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Der britische Nationalheld Churchill ist für die Regierung in London eine Blaupause für den ukrainischen Präsidenten: Auch er setzte im Zweiten Weltkrieg die Wahlen aus, bis Nazi-Deutschland besiegt war. Mit seinem Diktator-Vorwurf gegen Selenskyj dringt Trump auch in der Ukraine nicht durch.

Der britische Verteidigungsminister John Healey hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gegen den "Diktator"-Vorwurf von US-Präsident Donald Trump verteidigt. "Er wurde gewählt, er ist der gewählte Anführer der Ukraine", sagte Healey vor Journalisten über Selenskyj. "Er hat getan, was Winston Churchill in Großbritannien im Zweiten Weltkrieg getan hat: Wahlen in Kriegszeiten ausgesetzt", fügte Healey in einem Vergleich mit dem in Großbritannien als Nationalhelden geltenden Premierminister hinzu.

Selenskyjs Amtszeit war im Mai 2024 offiziell zu Ende gegangen, wegen des Kriegsrechts dürfen in der Ukraine derzeit aber keine Wahlen abgehalten werden. Zudem sind Millionen Ukrainer ins Ausland geflohen und 20 Prozent des ukrainischen Territoriums stehen unter russischer Besatzung. Auch Churchills Regierung hatte während des Kriegs gegen Nazi-Deutschland die Wahlen ausgesetzt. Daran erinnerte auch der amtierende britische Premier Keir Starmer, als er Selenskyj am Mittwoch seine Unterstützung zusicherte.

Trump hatte Selenskyj am Mittwoch als "Diktator ohne Wahlen" bezeichnet. Er erklärte zudem, Selenskyj solle "sich besser beeilen, oder er wird kein Land mehr haben". Trump wiederholte zudem in mehreren Fragen Positionen des Kreml. Der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow sagte, "wir stimmen vollständig mit der amerikanischen Regierung überein". Die Position der Trump-Regierung sei für Russland angesichts möglicher Gespräche über die Zukunft der Ukraine "günstiger als die der vorherigen Regierung".

Trump als "Verräter des Jahres"

Unterdessen bekam Selenskyj auch Rückendeckung von ukrainischen Internetnutzern. Im Onlinedienst X, der Trump-Berater Elon Musk gehört, wurde beispielsweise ein gefälschtes Titelbild des US-Magazins "Time" verbreitet. Darauf wird Trump als "Verräter des Jahres" gezeigt.

Weitere online veröffentlichte Fotomontagen zeigen Trump, der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin an der Leine geführt wird. Ein Nutzer schrieb: "Trump hat gesagt, der Papst hat die Lungenentzündung angegriffen" in Bezug auf den 88-jährigen Pontifex, der derzeit wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus behandelt wird - eine Reaktion auf Trumps tatsachenverdrehende Äußerung, die Ukraine "hätte nie damit (mit dem Krieg) anfangen sollen".

Selenskyj-Kritiker schließen die Reihen

Die Ukraine kämpft seit Februar 2022 mit finanzieller und militärischer Unterstützung europäischer Staaten und der ehemaligen US-Regierung von Joe Biden gegen eine russische Invasion. In einem abrupten Politikwechsel seit seinem Amtsantritt hat Trump Gespräche mit Moskau über eine Beendigung der Kämpfe aufgenommen, Europa und die Ukraine dabei jedoch zunächst ausgeschlossen.

Auch die ukrainischen Kritiker Selenskyjs sprangen dem Präsidenten angesichts der Trump-Attacken zur Seite. "Das ist unser Präsident und wir haben das Exklusivrecht ihn zu kritisieren. Jetzt noch keine Wahlen!", erklärte die bekannte Anwältin Maria Berlinska. Auch die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko, die Selenskyj in der Vergangenheit scharf kritisiert hatte, bezeichnete ihn als den "legitimen" Präsidenten der Ukraine.

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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