"Makel" soll ausgeräumt werden Lucke macht Uni Hamburg Vorwürfe
30.10.2019, 18:59 Uhr
Bernd Lucke konnte seiner Profession störungsfrei nachgehen. (Archivbild)
(Foto: picture alliance/dpa)
Die in den vergangenen Wochen viel diskutierte Vorlesung des AfD-Mitbegründers Lucke findet erstmals in voller Länge an der Universität Hamburg statt. Der Professor gibt sich zufrieden. Doch die Vorwürfe gegen seine Person bezeichnet er als Makel - auch für die Hochschule selbst.
Mit einem Großaufgebot an Polizei hat AfD-Mitbegründer Bernd Lucke zum ersten Mal nach seiner Rückkehr an die Universität Hamburg eine Vorlesung bis zum Schluss gehalten. Im Anschluss an die Veranstaltung übte er Kritik an der Hochschule und der Hamburger Regierung. Niemand habe sich schützend vor ihn gestellt. "Mir wird seit Monaten in der Öffentlichkeit von linken Kräften vorgeworfen, ich hätte rechtsradikale oder rechtspopulistische Strömungen in der AfD geduldet, um des eigenen Erfolgs willen", erklärte Lucke RTL/n-tv.
"Das wäre ein Verstoß gegen meine Beamtenpflichten - nebenbei würde es auch mit meiner persönlichen Überzeugung überhaupt nicht übereinstimmen", so Lucke weiter. Als Beamter sei er immer dazu verpflichtet, aktiv für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. "Wenn ich also rechtsradikale Strömungen geduldet hätte, wäre das ein Dienstvergehen gewesen, auch außer Dienstes."
Er habe vielmehr mit vollem Einsatz gegen derartige Kräfte in der AfD gekämpft. Den öffentlich geäußerten Verdacht gegen ihn empfinde er als "ehrverletzend". Durch die ausbleibende Rückendeckung vonseiten der Universitätsleitung oder des Hamburger Senats könne der Eindruck entstehen, es gebe ernsthafte Gründe, den Verdacht als berechtigt anzusehen. Dies wäre ein Makel für ihn aber auch für die Universität. Diesen wolle er ausräumen.
Der Professor hatte erst in dieser Woche die grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank aufgefordert, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten. Er sei sich zu 100 Prozent sicher, dass er durch ein solches Verfahren entlastet würde, sagte Lucke RTL/n-tv.
"Ich konnte störungsfrei sprechen"
Mehrere Dutzend Polizisten riegelten im Tagesverlauf das Gebäude mit Absperrgittern ab. Zusätzlich kontrollierte ein privater Sicherheitsdienst am Eingang, damit nur für die Vorlesung eingeschriebene Studenten Zutritt erhielten. Im Gegensatz zu den vergangenen beiden Wochen blieb es ruhig. Studenten verteilten lediglich Flugblätter, hielten ein Transparent hoch und veranstalteten eine kleine Kundgebung. "Die Vorlesung war gut besucht. Ich konnte störungsfrei sprechen", sagte Lucke im Gespräch mit RTL/n-tv.
Das Konzept des Senats sei aufgegangen, teilte die Wissenschaftsbehörde mit. Die Kosten für die gesamten Sicherheitsmaßnahmen belaufen sich auf einen sechsstelligen Betrag, wie Uni-Sprecherin Merel Neuheuser mitteilte. Dazu zählten auch die Kosten für den Arbeitsausfall durch die Bombendrohung in der vergangenen Woche, da diese im Zusammenhang mit der Thematik stehe.
Lucke selbst habe die Veranstaltung mit einem kleinen Scherz darüber eröffnet, dass die Vorlesung nun direkt neben dem Gefängnis stattfinde, wie ein Teilnehmer erzählte. Anders als in den vergangenen Wochen wurde die Vorlesung nicht auf dem Hauptcampus abgehalten, sondern etwas abseits in einem Physik-Hörsaal. Lucke sei inhaltlich "nicht besser und nicht schlechter als andere Professoren", sagte der Student.
Die Universität hatte am Dienstag angekündigt, ab kommender Woche ein digitales Angebot und eine zusätzliche Vorlesung zum gleichen Thema bei einer anderen Dozentin anzubieten - um den "zahlreichen verängstigten Studierenden" eine Alternative zu Luckes Vorlesungen zu geben, hieß es. Zusätzlich bietet die Psychotherapeutische Hochschulambulanz Ad-hoc-Therapien zur Bewältigung von Posttraumatischen Belastungsstörungen an. Zuvor hatte Lucke das Angebot der Hochschule abgelehnt, statt einer Präsenzveranstaltung eine Online-Vorlesung zu halten. Daher hatte Wissenschaftssenatorin Fegebank den Uni-Präsidenten Dieter Lenzen angewiesen, dass die Präsenzvorlesung auch in dieser Woche stattfinden soll.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa