Maßnahmen greifen erst ab 2020 Luft in Städten wird lange dreckig bleiben
27.05.2018, 18:22 Uhr
Die "Verkehrsdichte" ist laut dem Bundesbeauftragten auf vielen belasteten Strecken einfach zu hoch.
(Foto: picture alliance / Rolf Vennenbe)
Trotz ihres milliardenschweren "Sonderprogramms" rechnet die Bundesregierung nicht damit, dass die Luft in deutschen Städten bald spürbar besser wird. Auch mittelfristig sei der gesetzliche Stickoxid-Grenzwert kaum zu erreichen.
Bei den Bemühungen um saubere Luft in stark belasteten Großstädten rechnet der Beauftragte der Bundesregierung, Siegfried Balleis, nicht mit kurzfristigen Erfolgen. Die Maßnahmen des von ihm betreuten "Sonderprogramms" würden wahrscheinlich frühestens 2020 greifen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dann erwartet er aber erste greifbare Erfolge bei der Schadstoff-Senkung.
Besonders schwierig sei die Lage in stark belasteten Städten wie München, Hamburg oder Frankfurt. Dort wird es nach Balleis' Einschätzung auf die Schnelle "keine durchschlagenden Erfolge" geben. Auch auf mittlere Sicht werde es nicht gelingen, den Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft zu unterschreiten - dazu sei die Verkehrsdichte auf stark belasteten Straßen zu hoch.
Das Bundesverkehrsministerium kritisierte die Aufklärungsarbeit der Autohersteller: "Es sollte nicht so sein, dass immer wieder erst durch Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamts Missstände bekannt werden", sagte der parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Vielmehr müssten die Hersteller von sich aus offenlegen, wo noch Nachbesserungen erforderlich sind.
Verkehrsminister Andreas Scheuer hat Daimler-Chef Dieter Zetsche für diesen Montag ins Ministerium einbestellt. Laut "Bild am Sonntag" müssen voraussichtlich rund 120.000 Daimler-Dieselfahrzeuge auf mögliche unzulässige Abschalteinrichtungen der Abgasreinigung untersucht werden. Dabei handele es sich um weltweit rund 40.000 Motoren im "Vito" und 80.000 in der "C-Klasse".
Weitere Rückrufe wahrscheinlich
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte Daimler bereits am vergangenen Donnerstag aufgefordert, rund 5000 Fahrzeuge des Typs "Vito" mit Dieselmotor für ein Software-Update zurückzurufen. Nach Ansicht der Behörden hat Daimler die Abgasreinigung bei Diesel-Fahrzeugen manipuliert. Daimler sieht das anders und hat Widerspruch gegen den KBA-Bescheid angekündigt.
Audi-Chef Rupert Stadler schließt weitere Rückrufe nicht aus. Der "Augsburger Allgemeinen" sagte er: "Neue Rückrufe sind nicht die Folge von Untätigkeit, sondern im Gegenteil das Ergebnis konsequenter Aufklärung." Der Audi-Chef forderte in der Debatte um Fahrverbote eine bundeseinheitliche Regelung.
Balleis sieht grundsätzlich die Bundesregierung mit dem Ende 2017 gestarteten Sonderprogramm im Volumen von einer Milliarde Euro auf dem richtigen Weg. Die Autoindustrie beteiligt sich daran mit 250 Millionen Euro. In Sachen digitaler Verkehrssteuerung gibt es nach seinen Erkenntnissen in vielen Kommunen noch Nachholbedarf.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa