Politik

Präsidentenwahl in Brasilien Lula gewinnt Kopf-an-Kopf-Rennen gegen Bolsonaro

382381982.jpg

So knapp war der Ausgang einer Präsidentschaftswahl in Brasilien noch nie seit der Rückkehr zur Demokratie. Der populäre wie umstrittene Linkspolitiker Lula sichert sich eine dritte Amtszeit. Alle Augen richten sich nun aber auf den Wahlverlierer Bolsonaro.

Nach einem erbittert geführten Wahlkampf hat der linke Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva die Präsidentenwahl in Brasilien knapp gewonnen. Der frühere Staatschef kam in der Stichwahl auf 50,90 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt in Brasília in der Nacht nach Auszählung der Stimmen bekannt gab. Der rechtsradikale Amtsinhaber Jair Bolsonaro erhielt demnach 49,10 Prozent - hat seine Niederlage bisher aber nicht eingeräumt. Es war der knappste Abstand zwischen zwei Finalisten einer Präsidentschaftswahl in Brasilien seit der Rückkehr zur Demokratie nach der Militärdiktatur von 1964 bis 1985.

"Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren", sagte Lula in seiner ersten Rede nach der Wahl in São Paulo. "Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk." Nun sei der Moment gekommen, den Frieden wieder herzustellen. Der frühere Gewerkschafter Lula hatte das mit 210 Millionen Einwohnern größte Land in Lateinamerika bereits von Anfang 2003 bis Ende 2010 regiert. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident Brasiliens, der in eine dritte Amtszeit geht. Außer dem Staatschef wurden auch Gouverneure in einem Dutzend Bundesstaaten gewählt.

Auf Twitter veröffentlichte Lula ein Bild der brasilianischen Flagge mit einer Hand. Offenbar seiner eigenen - denn sie weist nur vier Finger auf. Lula verlor in jungen Jahren bei einem Arbeitsunfall einen kleinen Finger. Darüber stand "Demokratie." Tausende Anhänger des Kandidaten der Arbeiterpartei (PT) feierten Lulas Sieg auf der Prachtstraße Avenida Paulista in São Paulo. Der französische Präsident Emmanuel Macron gratulierte Lula umgehend zur Wahl. "Es wird ein neues Kapitel in der Geschichte Brasiliens aufgeschlagen", schrieb er auf Twitter. Macron war in den vergangenen Jahren mit Bolsonaro vor allem in der internationalen Umweltpolitik heftig aneinandergeraten. Auch US-Präsident Joe Biden und der deutsche Botschafter Heiko Thoms gratulierten Lula.

Die Stimmung war angesichts der großen Differenzen sehr angespannt, die Bevölkerung stark gespalten. Der ohnehin erbittert geführte Wahlkampf war im Endspurt immer schmutziger geworden. Die Brasilianer wurden vor allem in sozialen Medien und Whatsapp-Gruppen von einer Flut von Falschinformationen überschwemmt. Die Fernsehdebatten, in denen Lula und Bolsonaro sich gegenseitig mit Vorwürfen überzogen, wirkten dagegen geradezu gesittet.

Viele seiner Anhänger verbinden Lula mit den goldenen Zeiten Brasiliens, als die Wirtschaft aufgrund der hohen Rohstoffpreise boomte und die Regierung mit Hilfe von Sozialprogrammen Millionen Menschen aus der bittersten Armut holte. Für seine Gegner hingegen ist Lula verantwortlich für Korruption und Vetternwirtschaft.

Gewaltausbruch befürchtet

Befürchtet wurde, dass es nach dem Wahlsieg von Lula zu Gewalt kommen könnte. Bolsonaro hatte mehrfach Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. Seit der Lockerung der Waffengesetze in seiner Amtszeit haben viele seiner Unterstützer ordentlich aufgerüstet. Einige Anhänger des Amtsinhabers forderten auch unverhohlen einen Militärputsch. Experten sehen dafür in der Gesellschaft und den Streitkräften allerdings keine ausreichende Unterstützung.

Die Wahl in Brasilien hat auch international eine wichtige Bedeutung. Als riesiger Kohlenstoffspeicher spielt das Amazonasgebiet im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel eine wichtige Rolle. Zudem ist Brasilien mit seinen enormen natürlichen Ressourcen, dem hohen Anteil an grüner Energie und der großen Agrarwirtschaft ein potenziell wichtiger Handelspartner.

Zu der Wahl waren mehr als 150 Millionen Brasilianerinnen und Brasilianer aufgerufen gewesen. Bei einer ersten Wahlrunde am 2. Oktober hatte Lula 48 Prozent der Stimmen erzielt, Bolsonaro kam auf 43 Prozent.

Quelle: ntv.de, chl/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen