Politik

Wegen Verhaftung Oppositioneller Maas droht Belarus mit Konsequenzen

Die belarussischen Behörden erhöhen den Druck auf Demonstranten.

Die belarussischen Behörden erhöhen den Druck auf Demonstranten.

(Foto: picture alliance/dpa)

In Belarus geht der umstrittene Staatschef Lukaschenko weiter hart gegen Oppositionsmitglieder vor. Außenminister Maas droht ihm nun mit Konsequenzen. Doch die Führung in Belarus hat schon eine weitere prominente Kritikerin im Visier.

Außenminister Heiko Maas hat die Festnahme und Einschüchterung von Oppositionsmitgliedern in Belarus scharf kritisiert und der Regierung in Minsk Konsequenzen angedroht. "Es ist absolut inakzeptabel, dass Mitglieder des Koordinierungsrates verhaftet, verhört und eingeschüchtert werden", teilte Maas mit.

Der von Oppositionskräften gebildete Koordinierungsrat arbeite an einer friedlichen Lösung der gegenwärtigen Krise auf Grundlage der aktuellen Verfassung Weißrusslands und wende sich auch nicht gegen enge zivilgesellschaftliche Beziehungen zwischen Belarus und Russland. Maas verwies auf das EU-Außenministertreffen am Donnerstag und Freitag in Berlin, wo die Lage in Belarus Thema sein werde.

"Schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen demokratische Grundprinzipien werden wir nicht unbeantwortet lassen", warnte er. Die EU hat bereits beschlossen, dass Verantwortliche für Wahlfälschung und das brutale Vorgehen gegen Demonstranten mit Einreisesperren und der Beschlagnahme von Konten in der EU belegt werden sollen. Präsident Alexander Lukaschenko solle einen Dialog mit den Demonstranten beginnen, forderte Maas.

Lukaschenko hat schon neues Feindbild

Unterdessen will Lukaschenko nun gegen eine weitere Kritikerin vorgehen. Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch soll von Ermittlern vernommen werden. Die 72 Jahre alte Schriftstellerin sitzt ebenfalls im siebenköpfigen Präsidium des neuen Koordinierungsrates der Zivilgesellschaft. Die Autorin werde sich trotz angeschlagener Gesundheit den Fragen der Ermittler stellen, ließ sie mitteilen.

Alexijewitsch hatte Lukaschenko zum Rücktritt aufgefordert, "bevor es zu spät ist". Vernommen wird sie offiziell als Zeugin in dem Strafverfahren gegen den Koordinierungsrat. Ermittelt wird nach Ankündigungen Lukaschenkos, das Gremium zu zerstören, wegen des mutmaßlichen Versuchs der Machtergreifung. Der Rat hingegen fordert den Machtapparat zum Dialog auf. Lukaschenko lehnt solche Gespräche mit seinen Gegnern ab und lässt sie festnehmen.

Zwei prominente Vertreter des Rates, Olga Kowalkowa und Sergej Dylewski, waren am Dienstag zu zehn Tagen Arrest im Gefängnis verurteilt worden. Sie hatten Proteste gegen Lukaschenko organisiert. "Ich rufe die Sicherheitsorgane auf, unverzüglich den Druck auf den Koordinierungsrat zu beenden und Olga Kowalkowa und Sergej Dylewski freizulassen", sagte die Anführerin der Opposition, Swetlana Tichanowskaja, in ihrem Exil im benachbarten EU-Staat Litauen.

Am Dienstagabend gab es erneut Proteste in der Hauptstadt Minsk und in anderen Städten gegen Lukaschenko. Unabhängige Nachrichtenportale berichteten von mehreren Festnahmen. Die Polizei hatte etwa am Unabhängigkeitsplatz in Minsk vor illegalen Versammlungen gewarnt. Eine offizielle Bestätigung der Festnahmen gab es zunächst nicht.

Angst vor Militärdiktatur

Die Lage in Belarus ist seit der Präsidentenwahl am 9. August gespannt. Der 65-jährige Lukaschenko ließ sich zum sechsten Mal in Folge zum Sieger ausrufen. 80,1 Prozent der Wählerstimmen hatte er sich zusprechen lassen. Das Ergebnis gilt als grob gefälscht. Lukaschenko hat stets betont, auch das Militär einsetzen zu können, um sich noch eine Amtszeit zu sichern. Der Generalstab in Minsk hatte mitgeteilt, dass die Streitkräfte nicht nur gegen äußere Bedrohungen aktuell in voller Gefechtsbereitschaft seien. Die Armee stehe auch bereit, um die Gefahr im Land selbst abzuwenden, sagte Generalstabschef Alexander Wolfowitsch mit Blick auf die Proteste.

Viele Menschen in Belarus befürchten, dass Lukaschenko eine Militärdiktatur errichten könnte. Zahlreiche Menschen - teils auch im Sicherheitsapparat und im übrigen Staatsdienst - haben sich bereits von Lukaschenko öffentlich abgewendet. Die orthodoxe Kirche in Belarus erhielt eine neue Führung, nachdem der oberste Geistliche seine Unterstützung für Lukaschenko zurückgezogen hatte. Die Synode der russisch-orthodoxen Kirche legte ein neues Oberhaupt fest. Der Sicherheitsapparat, zu dem neben Polizei und Armee auch der mächtige Geheimdienst KGB gehört, hält Lukaschenko bisher die Treue.

Quelle: ntv.de, bea/dpa/rts

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