"Dublin muss angewendet werden" Maas ist sauer auf Schleswig-Holstein
20.12.2015, 18:29 Uhr
Flüchtlinge wollen von Flensburg aus nach Norden weiterreisen. Ihr Ziel: Schweden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Tausende Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, wollen gleich nach Schweden weiterreisen. Man habe sie deshalb nicht registriert, sagt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Albig. Nun bekommt er Ärger mit der Bundesregierung.
Bundesjustizminister Heiko Maas hat scharfe Kritik an der Praxis von Behörden auch in Deutschland geübt, Flüchtlinge unregistriert in andere Staaten weiterreisen zu lassen. "In einem Rechtsstaat können wir die Probleme, die wir in überforderten Behörden haben, nicht dadurch lösen, dass wir das Recht einfach außer Kraft setzen", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Es mag sein, dass die Dublin-Regeln nicht allen gefallen", sagte Maas weiter. Aber solange sie gelten, "müssen sie angewendet werden". Es gebe zwar Ausnahmesituationen, in denen man sich über Vorschriften hinwegsetzen müsse, um Menschenleben zu retten, so der Minister: "Aber das sollte auf einen kurzen Zeitraum begrenzt bleiben. Die Aussetzung von geltendem Recht ist keine Lösung."
Adressat der Kritik war Maas' Parteikollege Torsten Albig. Der Ministerpräsident von Schwesig-Holstein hatte in der "Welt" erklärt, dass sein Bundesland 2015 rund 60.000 Flüchtlinge unregistriert nach Schweden habe durchreisen lassen. "Zu Wahrheit gehört also, dass wir damit auch gegen Dublin III verstoßen haben, aber zugleich für Entlastung in Deutschland gesorgt haben", sagte Albig.
Albig: Flüchtlinge offiziell nie gezählt
Schweden hatte in den vergangenen Monaten gemessen an der Einwohnerzahl mehr Flüchtlinge aufgenommen als alle anderen europäischen Staaten. Die Flüchtlinge seien offiziell nie gezählt worden, "weil sie uns klar gesagt haben, dass sie nach Schweden wollen", räumte Albig ein. Schleswig-Holstein mache somit "im Kern nichts anderes als die Österreicher, denen Deutschland vorgeworfen hat, die Flüchtlinge zu uns durchreisen zu lassen".
Laut Dublin-Abkommen ist derjenige EU-Staat für die Aufnahme von Flüchtlingen und deren Asylverfahren zuständig, in dem sie die EU zuerst betreten. In den vergangenen Monaten hatte es mehrfach heftige Kritik aus Deutschland an EU-Staaten gegeben, die Flüchtlinge ungehindert weiterreisen lassen, etwa in Richtung deutsche Grenze.
Ein Problem für deutsche Behörden ist auch, wenn Flüchtlinge Erstaufnahme-Einrichtungen auf eigene Faust verlassen. Bis zu 30 Prozent der auf die neuen Bundesländer verteilten Flüchtlinge bleiben offenbar nur wenige Tage in den dortigen Einrichtungen, wie die "Saarbrücker Zeitung" unter Berufung auf Anfragen bei den Innenministerien der ostdeutschen Länder berichtete.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP