Massive Polizeipräsenz Machtapparat baut bei Nawalny-Beerdigung Drohkulisse auf
01.03.2024, 10:12 Uhr Artikel anhören
Die russischen Behörden sperren rund um die Trauerfeier für Alexej Nawalny das Gebiet weiträumig ab. Bereits Stunden vor Beginn werden Passanten durchsucht und das Internet heruntergeregelt.
Russlands Machtapparat hat vor der geplanten Beerdigung des Kremlgegners Alexej Nawalny an der Kirche und am Friedhof eine für die Trauernden beispiellose Drohkulisse aufgebaut. Metallgitter wurden weiträumig aufgestellt, Dutzende Einsatzfahrzeuge mit Uniformierten bezogen schon am frühen Morgen Stellung, Uniformierte überprüften Dokumente und persönliche Gegenstände von Passanten, wie russische Medien meldeten. Auch das mobile Internet sei heruntergeregelt worden. An der Kirche hing den Berichten zufolge eine Aufforderung, nicht zu filmen oder zu fotografieren.
Nawalny, der prominentester Gegner von Kremlchef Wladimir Putin war, versetzt den Machtapparat Beobachtern zufolge auch nach seinem Tod in höchste Anspannung. Polizisten mit Helmen und Tränengaskanistern patrouillierten in der Gegend und auch in den nahe gelegenen U-Bahn-Stationen waren Sicherheitskräfte zu sehen. Dennoch versammeln sich Tausende Menschen zu der Trauerfeier für Nawalny. Die Trauerfeier in der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone "Lindere meine Trauer" im südöstlichen Bezirk Marjino ist für 14 Uhr Ortszeit (12 Uhr MEZ) geplant. Die Beerdigung ist zwei Stunden später auf dem Borissowskoje-Friedhof angesetzt.
Die Angehörigen von Nawalny haben die Leiche des Kremlgegners erst mit Verzögerung für die Beerdigung erhalten. Sie seien um 10 Uhr Ortszeit (8 Uhr MEZ) dort gewesen, aber hätten den Leichnam erst nicht und dann mit Verspätung bekommen, teilte Nawalnys Team mit. Es dauere eine Stunde, um mit dem Sarg zur Kirche zu gelangen, hieß es.
Schon zuletzt hatten Sicherheitskräfte Hunderte Trauernde beim Niederlegen von Blumen festgenommen. Putins Behörden befürchten, dass Anhänger des vor zwei Wochen im Straflager gestorbenen Nawalny gegen den Kremlchef protestieren könnten. Putin will sich in zwei Wochen bei Wahlen im Amt als Präsident bestätigen lassen. Unterstützer und Angehörige Nawalnys sowie Menschenrechtler werfen Putin vor, den russischen Oppositionsführer in Haft gezielt getötet zu haben. Der Kreml weist das zurück.
Deutscher Botschafter nimmt an Nawalny-Abschied teil
"Kommen Sie, um Alexej Nawalny auf seinem letzten Weg zu begleiten, wenn Sie in Moskau sind. Es werden Ihnen alle danken, die aus verschiedenen Gründen nicht dort sein können", sagte der Oppositionelle Leonid Wolkow, der selbst im Exil lebt und ein enger Vertrauter des Kremlgegners war. Nawalnys Team will die Beerdigung live im Internet begleiten. Anwesend sein will dabei auch der deutsche Botschafter in Russland, Alexander Graf Lambsdorff.
Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen "Polarwolf" in der sibirischen Arktisregion Jamal im Alter von 47 Jahren. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch den Giftanschlag und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von "natürlichen" Ursachen die Rede.
Quelle: ntv.de, lme/dpa/AFP