EU bleibt bei Brexit hart Mays Charme-Offensive bleibt ohne Ertrag
20.10.2017, 17:14 Uhr
May (r.) legt sich beim EU-Gipfel ins Zeug - um dann mit leeren Händen nach Hause zu fahren.
(Foto: REUTERS)
Eigentlich wollen die EU und London beim Gipfeltreffen die nächste Phase der Brexit-Gespräche einläuten, doch zu viele Fragen sind offen. Größter Streitpunkt bleibt die Austrittsrechnung, daran ändert auch eine sichtlich bemühte Premierministerin May nichts.
Die britische Premierministerin Theresa May kehrt mit leeren Händen vom EU-Gipfel nach London zurück. Trotz einer diplomatischen Offensive und neuen Versprechen gelang ihr nicht der erhoffte Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen.
Man hoffe nun, im Dezember den Startschuss für die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen dem Königreich und der EU geben zu können, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem EU-Gipfel in Brüssel. "Aber das hängt von Fortschritten von Großbritannien bei verschiedenen Themen ab." Besonders wichtig sei eine Einigung auf die Höhe der finanziellen Verbindlichkeiten des Landes beim Ausstieg aus der Europäischen Union. Bei dem Punkt sei man nicht einmal halb einig, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron. "Es liegt jetzt viel in den Händen von Theresa May."
Charme-Offensive bei Merkel
Eigentlich wollten die Staats- und Regierungschefs in Brüssel auf dem Treffen in die nächste Phase der Verhandlungen einsteigen. Weit auseinander liegen beide Seiten in der Frage, wie viel Großbritannien im Zuge des EU-Austritts zahlen soll. May wiederholte frühere Aussagen, wonach sich ihre Regierung an die finanziellen Zusagen gegenüber der EU halten wolle. Dabei ließ die 61-jährige May wenig unversucht, um die nach monatelangen und ergebnislosen Verhandlungen entnervten europäischen Spitzenpolitiker auf ihre Seite zu ziehen. Sie rief unter anderem Merkel an, um die Sache zu besprechen, und traf sich vor dem Gipfel zum Abendessen mit Kommissionschef Jean-Claude Juncker.
Am Donnerstagabend trug May die Argumente ihren 27 Amtskollegen auch noch beim Abendessen vor. Zugleich versprach sie den in Großbritannien lebenden EU-Bürgern, nach dem Brexit im Land bleiben zu können. Das Abkommen werde Betroffenen nicht nur den Aufenthalt sichern, sondern auch die Gesundheitsversorgung und Renten umfassen. Doch es half alles wenig. "May hat eine gute Rede gehalten, und sie will eine Lösung finden, doch hängt alles an der Austrittsrechnung", sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte.
EU will Exempel statuieren
Die Politiker wollen nach Aussagen von EU-Diplomaten vor allem sicherstellen, dass Briten nach dem Brexit schlechter gestellt sind als EU-Bürger. "Wenn es keinen Unterschied macht, ob man drinnen oder draußen ist, wäre das eine schwere Hypothek für die Zukunft der EU", sagte der Vertreter eines großen EU-Landes. Gleichzeitig rüstet sich die EU für den Ernstfall und beginnt nach Aussagen von Ratschef Donald Tusk mit den internen Vorbereitungen für den Brexit.
Und trotz der Differenzen in wichtigen Punkten schlägt Merkel positive Töne an und definiert sich schon einmal ein Ziel für die Verhandlungen mit den Briten. "Ich will eindeutig ein Abkommen, und nicht irgendeine unvorhersehbare Lösung." Der Prozess gehe Schritt für Schritt voran und es sei in dem Zusammenhang zweitrangig, ob es ein paar Wochen länger dauere.
Quelle: ntv.de, jgu/rts