Er hält das Bündnis für zu stark Medwedew: Atomschlag gegen NATO im Kriegsfall alternativlos
08.02.2024, 13:09 Uhr Artikel anhören
Dimitri Medwedew ist stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates der Russischen Föderation.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Im Westen wird vor einem Krieg mit Russland gewarnt. Ex-Präsident Medwedew reagiert und behauptet, einen solchen plane Moskau nicht. Er hält die NATO ohnehin für zu stark. Als Alternative bliebe nur der Einsatz von Atomwaffen - sollte die "territoriale Integrität" Russlands bedroht werden.
Vertreter in mehreren Staaten haben in letzter Zeit zunehmend vor einem militärischen Konflikt mit Russland gewarnt und angemahnt, sich auf ein solches Szenario einzustellen. So sagte etwa der polnische Verteidigungsminister Kosiniak-Kamysz der Tageszeitung "Super Express" ungewohnt deutlich, sein Land müsse sich auf einen Krieg mit Russland vorbereiten. "Ich rechne mit jedem Szenario und nehme die schlimmsten am ernstesten", sagte Kamysz. Hintergrund ist, dass dem Kreml zugetraut wird, eine weitere Invasion über die Ukraine hinaus zu starten - auch gegen ein NATO-Mitglied.
Aussagen wie die des polnischen Verteidigungsministers, die es in ähnlicher Form ebenfalls in Deutschland und anderen Staaten gab, wurden auch in Moskau registriert. Der russische Ex-Präsident Medwedew reagierte in einem Beitrag in sozialen Netzwerken. Darin behauptet er, dass Russland mehrfach betont habe, dass ein Konflikt mit den NATO- und EU-Mitgliedstaaten nicht geplant sei.
Wie viel Glauben man solchen Aussagen schenken kann, ist jedoch fraglich. Erst kürzlich warfen Kreml-Vertreter, darunter Präsident Wladimir Putin, NATO-Staaten "Nazi-Ideologie und -Methoden" sowie "Russophobie" vor. Unterstellungen, mit denen Moskau auch die Großinvasion in der Ukraine begründet. Russland werde "alles tun, um den Nazismus zu unterdrücken und endgültig auszurotten", sagte Putin.
"Militärische Fähigkeiten unvergleichlich"
In seinem Beitrag schreibt Medwedew, dass die NATO-Staaten und Russland, sollte ein Krieg ausbrechen, diesen "nicht in Schützengräben, mit Artillerie, gepanzerten Fahrzeugen, Drohnen und elektronischer Kriegsführung" bestreiten würden. Den Grund dafür sieht der Ex-Präsident, der stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates ist, in der Stärke des NATO-Bündnisses.
"Die NATO ist ein riesiger Militärblock, die Gesamtbevölkerung der Bündnisstaaten beträgt etwa eine Milliarde Menschen, und ihr gemeinsamer Militärhaushalt kann bis zu 1,5 Billionen Dollar erreichen. Da unsere militärischen Fähigkeiten also nicht vergleichbar sind, wird uns einfach keine andere Wahl bleiben", so Medwedew. Eine Antwort werde "asymmetrisch sein".
Anschließend spricht Medwedew von der "Verteidigung der territorialen Integrität", also der Bewahrung des russischen Staatsgebietes, ohne zu nennen, inwiefern dieses bedroht wird. Die Verteidigung würde mit "ballistischen Raketen und Marschflugkörpern mit speziellen Sprengköpfen" erfolgen, so der Ex-Präsident. Dieses Vorgehen sei bereits bekannt durch die russische Militärdoktrin und hätte eine "Apokalypse" - also "das Ende von allem" - zur Folge.
Letztlich beruhen diese Szenarien auf der Annahme, dass ein Angriff aus der NATO auf Russland stattfindet - was gänzlich unrealistisch ist. Angesichts der Rhetorik aus dem Kreml ist das Entstehen eines Konflikts zwischen der NATO und Russland durch einen Angriff Russlands auf ein Bündnismitglied, das sich folglich mithilfe seiner Partner verteidigen würde, realistischer. Auch das würde jedoch nicht automatisch eine Bedrohung von Russlands "territorialer Integrität" bedeuten.
ISW: Aussagen gezielt ans Ausland gerichtet
"Medwedews Äußerungen über die größere Größe und das größere Militärbudget der NATO im Vergleich zu Russland zielen wahrscheinlich darauf ab, im Inland die Erzählungen des Kremls zu fördern, dass die NATO - und der Westen im Allgemeinen - eine existenzielle Bedrohung für Russland darstellt. Eine Behauptung, die der Kreml benutzt hat, um seine umfassende Invasion in der Ukraine zu rechtfertigen", analysiert das Institut für Kriegsstudien (ISW).
Dass Medwedew die Behauptungen auf seinem englischsprachigen X-Kanal und einem russischsprachigen Telegram-Kanal veröffentlichte, sehen die Kriegsforscher als Hinweis darauf, dass die Aussagen "sowohl für ein internationales als auch für ein inländisches Publikum bestimmt sind".
Quelle: ntv.de, rog