Politik

Studie zeigt hohe Dunkelziffer Mehr Opfer durch Polizeigewalt vermutet

Fehlverhalten von Polizisten gibt es, sagt die Gewerkschaft der Polizei. Aber die Fälle würden bei Anzeige "sauber und konsequent aufgearbeitet".

Fehlverhalten von Polizisten gibt es, sagt die Gewerkschaft der Polizei. Aber die Fälle würden bei Anzeige "sauber und konsequent aufgearbeitet".

(Foto: picture alliance/dpa)

In Deutschland werden Menschen weitaus häufiger Opfer von Polizeigewalt, als die amtlichen Zahlen angeben. Einer unabhängigen Studie zufolge liegt der Grund für die hohe Dunkelziffer in der Angst der Betroffenen, Anzeige zu erstatten. Dabei werden erstaunlich viele Verfahren gegen Polizeibeamte eingestellt.

Auf einen Verdachtsfall von illegaler Polizeigewalt kommen in Deutschland Forschern zufolge mindestens fünf Fälle, die nicht angezeigt werden. Das geht aus der ersten Studie zur Erforschung illegaler Polizeigewalt in Deutschland hervor. Das Dunkelfeld läge damit bei mindestens 10.000 mutmaßlichen Gewalttaten durch Polizisten im Jahr.

Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum haben einen Zwischenbericht der Studie ("Körperverletzung im Amt") veröffentlicht, für die knapp 3400 mutmaßliche Opfer von rechtswidriger Polizeigewalt Auskunft gaben. Laut amtlicher Statistik wird gegen rund 4000 Polizisten Jahr für Jahr von den Staatsanwaltschaften ermittelt - wegen 2000 Verdachtsfällen illegaler Polizeigewalt. Das ist das sogenannte Hellfeld bekannt gewordener Vorfälle.

Bei Hausbesetzern muss die Polizei oft mit Gewalt vorgehen.

Bei Hausbesetzern muss die Polizei oft mit Gewalt vorgehen.

(Foto: imago images / foto2press)

Mit dem errechneten Verhältnis von 1:5 von Hell- zu Dunkelfeld sei man sehr vorsichtig gewesen, denn eigentlich habe die Studie sogar ein Verhältnis von 1:6 ergeben. "Wir nehmen außerdem an, dass diejenigen, die Anzeige erstatten, sich auch eher an einer solchen Umfrage beteiligen, also überrepräsentiert sind", sagte Prof. Tobias Singelnstein.

Hohe Quote an eingestellten Verfahren

Auf den Vorwurf, dass Befragte die Polizei mit falschen Beschuldigungen überhäuft haben könnten, entgegnet der Kriminologe: "Wir haben eher große Zurückhaltung und Furcht der Befragten erlebt." Was die angezeigten Vorfälle angeht, weisen die Strafverfahren gegen Polizisten den Forschern zufolge eine auffallend hohe Quote an Einstellungen der Verfahren auf. Nur in sieben Prozent der angezeigten Fälle sei Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt worden. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Studie wird fortgesetzt.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilte mit, ein Systemfehler sei angesichts von jährlich Millionen Polizeieinsätzen nicht erkennbar. "Die Polizei genießt in allen Umfragen großes Vertrauen und hohe Wertschätzung. Das wäre nicht der Fall, wenn hier etwas im Argen läge", sagte GdP-Chef Oliver Malchow. Fehlverhalten von Polizisten gebe es, werde aber bei Anzeige "sauber und konsequent aufgearbeitet". Möglicherweise werde oft keine Anzeige erstattet, um eigenes Fehlverhalten zu verdecken, sagte Malchow.

Außerdem sei für die Forscher nicht überprüfbar, ob die Polizei im jeweiligen Fall nicht doch rechtmäßig gehandelt habe. Wer anklingen lasse, "dass wir in Deutschland Sodom und Gomorrha haben, und die Polizei alles tun kann, was sie will, liegt verkehrt".

Quelle: ntv.de, mba/dpa

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