Politik

Rechtsextreme Übergriffe Mehrere Bürgermeister fühlen sich bedroht

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Weil sie sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, werden immer wieder Kommunalpolitiker von Rechtsextremen bedroht. Hilferufe von Bürgermeistern scheinen sich zu häufen, manch einer will sich bewaffnen. Andere treten aus Angst vor Übergriffen zurück.

Der Bürgermeister der niedersächsischen Gemeinde Estorf ist nach eigenen Angaben wegen rechtsextremer Übergriffe zurückgetreten. Sein Privatauto sei mit Hakenkreuzen verunstaltet worden, zudem seien Zettel mit der Aufschrift "Wir vergasen dich wie die Antifa" in seinen Briefkasten geworfen worden, sagte Arnd Focke von der SPD. Zum 31. Dezember 2019 habe er daher sein Amt nach acht Jahren niedergelegt. Beide Vorfälle habe er zudem beim Staatsschutz angezeigt. "Es geht um den Schutz meiner Familie und die Beschädigung des Amtes", sagte Focke. "Die Entscheidung hat wehgetan, aber sie war richtig." Die Polizei äußerte sich bisher nicht zu den Vorfällen und kündigte eine Stellungnahme an.

Estorf liegt im Landkreis Nienburg nordwestlich von Hannover. Nach eigenen Angaben war der 48-Jährige schon früher zur Zielscheibe Rechtsextremer geworden - unter anderem, weil er als Bürgermeister in der Flüchtlingshilfe aktiv gewesen sei. "Da gab es immer wieder mal nächtliche Anrufe. Aber dem habe ich mich gewappnet gesehen", sagte er. Die neuen Vorfälle hätten jedoch eine andere Dimension. "Das war jetzt einfach zu viel. Das wurde zu persönlich und zu direkt."

In Nordrhein-Westfalen gibt es derzeit einen ähnlichen Fall. Dort hat ein Bürgermeister aus Angst vor Rechtsextremen einen Waffenschein beantragt. Weil ihm die zuständige Polizeibehörde die Erlaubnis verweigert, klagt er nun vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht. Es gehe um den großen Waffenschein, sagte eine Gerichtssprecherin. Der Bürgermeister führe an, aus dem rechten Spektrum bedroht zu werden. Die Verhandlung sei in zwei Wochen geplant. Er persönlich halte nichts davon, wenn sich Mandatsträger bewaffnen, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul von der CDU. "Wenn es Anhaltspunkte für Gefährdungen gibt, werden alle nötigen Maßnahmen ergriffen." Betroffene könnten sich jederzeit an die Polizei wenden.

Im November hatte der Rückzug der Bürgermeisterin der sächsischen Gemeinde Arnsdorf, Martina Angermann, für Aufsehen gesorgt. Die SPD-Politikerin beantragte nach monatelanger Hetze die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der ermordete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wurden wiederholt wegen ihres Engagements für Flüchtlinge angefeindet und erhielten Morddrohungen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich in den vergangenen Monaten mehrfach demonstrativ hinter Kommunalpolitiker gestellt, die Opfer von Anfeindungen und Angriffen wurden.

Quelle: ntv.de, ibu/dpa

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