Lage bleibt angespannt Mehrere Verletzte bei Demos in Chemnitz
28.08.2018, 01:00 Uhr
Die Stimmung ist aggressiv. Linke, Rechte und Einsatzkräfte der Polizei treffen in der Chemnitzer Innenstadt aufeinander. Wasserwerfer werden aufgefahren. Es gibt Verletzte. Gleichzeitig werden zwei Haftbefehle vollstreckt.
Bei Protesten Tausender rechter und linker Demonstranten in der Chemnitzer Innenstadt sind mindestens sechs Menschen verletzt worden. Aus beiden Lagern wurden Feuerwerkskörper und Gegenstände geworfen, es gab mindestens zwei Verletzte. Laut Polizei wurden am späten Montagabend zudem vier Teilnehmer der rechten Demonstration bei der Abreise durch Angreifer verletzt. Teilnehmer berichteten von einer aggressiven Stimmung.
Schon am Sonntag war eine spontane Demonstration nach den tödlichen Messerstichen auf einen 35 Jahre alten Deutschen beim Chemnitzer Stadtfest in Angriffen auf Migranten gemündet. Polizisten wurden mit Flaschen und Steinen beworfen.
Nachdem sich die beiden Demonstrationen am Montagabend aufgelöst hatten, räumte ein Polizeisprecher Personalmangel in den eigenen Reihen ein. Man habe mit einigen Hundert Teilnehmern gerechnet und sich entsprechend vorbereitet, aber nicht mit einer solchen Teilnehmerzahl, sagte er. "Der Einsatz verlief nicht störungsfrei."
Noch am Nachmittag hatte Polizeipräsidentin Sonja Penzel versichert, es seien ausreichend Kräfte angefordert worden. Es werde nicht zugelassen, dass Chaoten die Stadt vereinnahmen, sagte sie.
"Neue Dimension der Eskalation"
Nach Einschätzung der Polizei am Abend konnte eine Eskalation und ein Aufeinandertreffen der beiden Lager nur mit Mühe verhindert werden. Die Polizei hatte auch Wasserwerfer aufgefahren. Allerdings musste davon kein Gebrauch gemacht werden. Teilnehmer berichteten in sozialen Medien, dass es immer wieder Versuche gab, die Polizeikette zu durchbrechen. Auch von Vermummten wurde berichtet. Beobachter gehen davon aus, dass die Situation in der Stadt zunächst angespannt bleiben wird. Die Polizei wollte auch in der Nacht präsent bleiben.
Am Montag hatte Sachsen nach Attacken gewaltbereiter Rechter auf Ausländer in Chemnitz ein entschiedenes Durchgreifen angekündigt. Innenminister Roland Wöller von der CDU bezeichnete die Geschehnisse als "neue Dimension der Eskalation". Man werde Gewaltbereiten und Chaoten nicht die Straße überlassen, sondern den Rechtsstaat durchsetzen, sagte er. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von einer "Hetzjagd auf Menschen anderen Aussehens".
Zwei Haftbefehle vollstreckt
Am Montag wurden Haftbefehle gegen einen Syrer und einen Iraker vollstreckt. Die 23 und 22 Jahre alten Männer sollen nach einem Streit in der Nacht zum Sonntag mehrfach "ohne rechtfertigenden Grund" auf das Opfer eingestochen haben, teilte die Chemnitzer Staatsanwaltschaft mit. Laut Polizei ist mit dieser Formulierung vor allem Notwehr gemeint. Im konkreten Fall wurde demnach nicht aus Notwehr gehandelt. Zwei weitere Männer erlitten schwere Verletzungen. Der sächsische Generalstaatsanwalt Hans Strobl zog die Ermittlungen an sich und beauftragte die Sondereinheit "Zentralstelle Extremismus Sachsen".
Unterdessen kam es auch in anderen deutschen Städten zu Protesten Rechter wegen der tödlichen Messerstich von Chemnitz. In Düsseldorf versammelten sich rund 150 Demonstranten aus dem rechten Spektrum vor dem Landtag, wie die Polizei berichtete. Ihnen standen etwa 250 Gegendemonstranten gegenüber.
Die Kundgebungen wurden von starken Polizeikräften begleitet, bis zu ihrer Auflösung am Abend blieb laut Polizei alles friedlich. Anderswo hatte die AfD zu Kundgebungen aufgerufen, so in mehreren Städten in Mecklenburg-Vorpommern.
Quelle: ntv.de, bad/ftü/dpa/rts