RTL/n-tv Umfrage zu Flüchtlingen Mehrheit im Koalitionskrach hinter Merkel
15.06.2018, 18:07 Uhr
Merkel und Seehofer liegen noch immer im Streit.
(Foto: dpa)
Die Mehrheit der Deutschen befürwortet in der Flüchtlingsfrage wie Kanzlerin Merkel eine europäische Lösung. Doch eine Mehrheit ist auch dafür, Flüchtlinge bereits an der Grenze abzuweisen. Innenminister Seehofer fordert dies ebenfalls.
Im derzeitigen Koalitionsstreit steht die Mehrheit der Deutschen hinter dem Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Einer am Freitag im Auftrag von RTL und n-tv erhobenen Forsa-Umfrage zufolge sind 66 Prozent der Befragten für eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage. Diese Position vertritt auch die CDU-Chefin. Innenminister Horst Seehofer befürwortet hingegen einen nationalen Alleingang. Grundsätzlich ist aber die große Mehrheit der Deutschen wie der CSU-Chef dafür, Flüchtlinge bereits an der Grenze abzuweisen, die schon in einem anderen Land Asyl beantragt haben. Merkel möchte in den kommenden Wochen Abkommen mit Ländern aushandeln, die eine Zurückweisung der Flüchtlinge ermöglichen sollen. Seehofer fordert eine sofortige nationale Regelung.
Während zwei Drittel die Position der Kanzlerin teilen, die Flüchtlingsfrage müsse europäisch gelöst werden, favorisieren 32 Prozent eine nationale Lösung. Die EU-Lösung findet großen Rückhalt bei Wählern der CDU, SPD, Grünen und Linken mit jeweils Werten von mehr als 80 Prozent. Bei der CSU gibt es zwar eine Mehrheit für den nationalen Alleingang, die jedoch fällt gering aus. 49 Prozent stimmten dafür, 46 gewinnen der internationalen Lösung mehr ab. Die AfD-Anhänger sind nahezu vollständig für eine rein deutsche Regelung - 87 Prozent befürworten diese, während nur 12 Prozent eine europäische Lösung wünschen.
Mehrheit für Abweisung an der Grenze
Eine klare Mehrheit der Befragten ist grundsätzlich dafür, die Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen, die bereits in einem anderen Land erfasst wurden. 61 Prozent aller Wähler sind dieser Ansicht. Bei der CSU stimmen 84 Prozent zu, bei der AfD sind es gar 99 Prozent. Die CDU ist in dieser Frage hingegen gespalten: 51 Prozent stimmen zu, 46 Prozent nicht. Auch bei der FDP gibt es große Sympathie für die Abweisung unter den genannten Bedingungen (75 Prozent); bei SPD, Grünen und Linken ist eine Mehrheit dagegen. Diese Position vertritt auch Seehofer. Die CDU will bis zum Aushandeln neuer Abkommen höchstens solche Asylbewerber an der Grenze abweisen, die bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben und abgewiesen wurden.
Der Streit in der Koalition stößt bei vielen Wählern auf Unverständnis. 38 Prozent gaben an, sie könnten nicht nachvollziehen, worum es eigentlich geht. Unter den Anhängern der CSU gaben sogar 47 Prozent diese Antwort. Ganz genau scheint man hingegen bei der FDP und der AfD Bescheid zu wissen. Von den Anhängern der Liberalen gaben 78 Prozent an, den Streit zu verstehen, unter den AfD-Wählern waren es 84 Prozent.
Zwei Drittel aller Bundesbürger glauben auch nicht, dass es der CSU bei dem von ihr mit der CDU angezettelten Streit - wie von ihr behauptet - "um die Sache" gehe. Sie glauben vielmehr, dass die CSU diesen Streit nur angezettelt hat, um bei der im Oktober stattfindenden Landtagswahl in Bayern der AfD Stimmen abzunehmen und schätzen somit die Haltung der CSU als Wahlkampftaktik ein. Dies glauben im Übrigen auch über ein Drittel der CSU-Anhänger, während 71 Prozent der CDU-Wähler davon ausgehen. Nur die AfD-Wähler sehen das anders und billigen der CSU zu, es gehe ihr tatsächlich "um die Sache".
Neuwahlen oder neue Koalition?
Wie es nun weitergehen soll, falls die Koalition über dieser Frage zerbricht, wollten die Meinungsforscher ebenfalls wissen. Eine knappe Mehrheit der Befragten wäre in diesem Fall für eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen. 44 Prozent halten das für die beste Option, 42 Prozent hielten Neuwahlen für angebracht. Bei CSU (58 Prozent), der FDP (60 Prozent) und AfD (86 Prozent) wäre hingegen jeweils eine klare Mehrheit für einen erneuten Urnengang.
Auch wenn der Koalitionskrach um die Asylpolitik anderes vermuten lässt, hält die große Mehrheit der Deutschen die Flüchtlingsfrage allerdings nicht für das drängendste Problem in Deutschland. Laut Umfrage sind zwei Drittel der Befragten der Ansicht, es gebe Wichtigeres, für ein Drittel hat das Thema hingegen Priorität. Allerdings sind die Verhältnisse bei den Wählern der CSU nicht ganz so deutlich. Dort halten 51 Prozent die Flüchtlingsfrage für das Thema Nummer 1. In der Parteienlandschaft sind die Verhältnisse nur bei der AfD noch klarer. Dort sind 83 Prozent der Ansicht, es gebe kein drängenderes Problem. Bei den CDU-Anhängern hingegen sind lediglich 35 Prozent dieser Meinung.
Für die repräsentative Umfrage befragte Forsa an diesem Freitag 1001 Wähler.
Quelle: ntv.de, vpe