Warnung an Seehofer Merkel droht mit Richtlinienkompetenz
18.06.2018, 14:46 Uhr
Merkel: Eine Kanzlerin und ein Innenminister müssen gesprächsfähig sein.
(Foto: AP)
Bundeskanzlerin Merkel warnt Innenminister Seehofer im Streit um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze vor einem Alleingang. Die CDU lasse sich in der Flüchtlingspolitik von der CSU nicht unter Druck setzen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Innenminister Horst Seehofer im Streit um die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der Grenze vor einem Alleingang gewarnt. Es sei eine "Frage der Richtlinienkompetenz", in anderen Staaten registrierte Flüchtlinge zurückzuweisen, sagte die CDU-Politikerin. Die Kanzlerin zog damit in dem Konflikt mit dem CSU-Chef eine klare rote Linie.
Merkel machte klar, dass sich die CDU in der Flüchtlingspolitik von der CSU nicht unter Druck setzen lasse. Nach dem EU-Gipfel Ende kommender Woche werde die CDU zunächst intern und dann auch mit der CSU die bis dahin erzielten Fortschritte beraten, sagte Merkel nach Beratungen der Parteigremien in Berlin. Für eine Zurückweisung von Flüchtlingen aber gebe es "keinen Automatismus".
Merkel und Innenminister Seehofer hatten sich zuvor auf das weitere Vorgehen im Asylstreit geeinigt. Demnach soll Merkel bis Ende Juni Zeit bekommen, über eine europäische Lösung zu verhandeln. Die CSU-Spitze hatte zuvor das Migrationspaket von Seehofer gebilligt. Demnach sollen Asylbewerber mit Einreiseverbot ab sofort an den Grenzen abgewiesen werden. Migranten mit Registrierung in einem anderem EU-Staat sollten ab Anfang Juli nicht mehr ins Land gelassen werden, falls keine entsprechende Vereinbarung auf europäischer Ebene vorliege.
Merkel betonte, dass deutsche und europäische Interessen in Einklang gebracht werden müssen. Dabei wiederholte sie, was sie schon mehrfach betont hatte: Sie wolle bei der Zurückweisung von Migranten an der Grenze nicht unilateral, nicht unabgesprochen und nicht zu Lasten Dritter agieren.
Starke Rückendeckung für bilaterale Abkommen
CDU und CSU hätten das gemeinsame Ziel, die Migration nach Deutschland besser zu steuern und die Zahl der Migranten deutlich zu verringern, sagte Merkel weiter. Sie habe von den CDU-Spitzengremien starke Rückendeckung für bilaterale Abkommen mit EU-Partnern erhalten. Merkel machte aber deutlich, dass sie bei den nicht einfachen Verhandlungen mit EU-Staaten unter starkem Druck stehe.
Zum Streit mit Seehofer, der intern gesagt haben soll, er könne mit Merkel nicht mehr zusammenarbeiten, äußerte sich Merkel betont nüchern. Es gebe verschiedene Formen, einen Streitpunkt zu lösen. "Hier haben wir eine gewählt, die vielleicht besonders viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat."
Trotz der jüngsten Eskalation äußerte sich Merkel zuversichtlich, dass die Koalition volle vier Jahre zusammenarbeiten werde und sieht Grundlagen für eine weitere Zusammenarbeit mit Seehofer. Eine Kanzlerin und ein Innenminister müssten gesprächsfähig sein. Zugleich betonte sie: "Ich glaube, Politik ist auch immer mit Emotionen verbunden." Deshalb gehe es vielleicht auch immer emotional um die Sache oder sachlich um Emotionen.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts