Politik

Klimakonferenz in Glasgow Merkel wirbt für weltweiten CO2-Preis

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Mit eindringlichen Worten wenden sich am zweiten Tag der Weltklimakonferenz Staats- und Regierungschefs an die internationale Gemeinschaft. Während Kanzlerin Merkel ein Plädoyer für die Bepreisung von Kohlenstoff-Emissionen hält, will US-Präsident Biden sich von seinem Vorgänger abheben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für einen weltweiten Preis auf den Klimagas-Ausstoß als zentrales Instrument für den Wandel von Industrie und Gesellschaft geworben. "Wir werden mit staatlichen Aktivitäten allein nicht vorankommen", sagte sie zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Glasgow. Es gehe um eine umfassende Transformation des Lebens und Wirtschaftens. "Deshalb will ich hier ein klares Plädoyer einlegen für die Bepreisung von Kohlenstoff-Emissionen."

Diese gebe es bereits innerhalb der EU und beispielsweise auch in China. Mit einem solchen Preis könne man die Industrie dazu bringen, die technologisch besten Wege zur Klimaneutralität zu finden. Dies gelte etwa auch für den CO2-Ausstoß im Verkehrsektor. "In der Dekade des Handelns, in der wir jetzt leben, national ambitionierter zu sein, aber global Instrumente zu finden, die nicht nur Steuergelder einsetzen, sondern die wirtschaftlich vernünftig sind", erläuterte sie. "Und das ist für mich die CO2-Bepreisung."

Deutschland hat neben dem EU-Emissionshandel für Kraftwerke und Industrie auch einen allgemeinen Preis-Aufschlag etwa für Sprit, Gas und Heizöl eingeführt. Mit den Einnahmen sollen der Wandel gefördert und soziale Härten abgefedert werden. Als Industrie- und Exportland hat Deutschland großes Interesse, dass solche Preise auch in anderen Staaten eingeführt werden. Nur so sei ein fairer Wettbewerb möglich. Die EU plant andernfalls bereits mit einer Steuer auf Importe aus Ländern mit lascheren CO2-Vorgaben.

Biden sieht Chancen in Kampf gegen Klimawandel

Ebenfalls zur Weltklimakonferenz angereist ist US-Präsident Joe Biden, der angesichts der sich verschärfenden Klimakrise die Staats- und Regierungschefs zum Handeln aufrief. "Wir stehen an einem Wendepunkt der Weltgeschichte", sagte Biden. "Wir haben nur noch ein kurzes Zeitfenster vor uns."

Weiter sagte der US-Präsident: "Glasgow muss der Startschuss für ein Jahrzehnt des Ehrgeizes und der Entschlossenheit sein." Biden warnte vor den Konsequenzen, sollten die Maßnahmen unzulänglich sein. "Mit jedem Tag, den wir warten, steigen die Kosten der Untätigkeit." Biden sagte, aus dem Kampf gegen den Klimawandel erwüchsen auch Chancen. Millionen gut bezahlter Jobs könnten entstehen. Die USA wollten mit gutem Beispiel vorangehen. "Ich weiß, dass das nicht der Fall war. Deshalb macht meine Regierung Überstunden, um zu zeigen, dass unser Engagement für den Klimaschutz aus Taten und nicht aus Worten besteht."

Bidens Vorgänger Donald Trump hatte daran gezweifelt, ob der Klimawandel menschengemacht ist - was wissenschaftlich klar belegt ist. Biden hat den Kampf gegen den Klimawandel zu einem seiner wichtigsten Ziele erklärt. Nach seinem Amtsantritt hatte er die USA zurück zum Klimaschutzabkommen von Paris geführt, aus dem Trump ausgestiegen war. Biden versucht derzeit auch im eigenen Land, Gesetzespakete mit ambitionierten Klimaschutz-Vorhaben durchzusetzen. Das war ihm vor der Weltklimakonferenz in Glasgow wegen heftiger Flügelkämpfe in seiner eigenen Demokratischen Partei nicht gelungen.

Johnson: "Es ist eine Minute vor zwölf"

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson warnte in Glasgow eindringlich vor einem Scheitern der Konferenz. Wenn sich die Welt nicht zu entschlossenem Handeln durchringen könne, werde das Urteil künftiger Generationen vernichtend sein, sagte er. UN-Generalsekretär António Guterres verlangte, alle Regierungen müssten ihre Subventionen für fossile Brennstoffe wie Öl, Gas und Kohle abschaffen, aus der Kohle aussteigen und einen Preis für sämtliche Treibhausgas-Emissionen festlegen. "Es ist an der Zeit, zu sagen: genug", sagte Guterres. "Genug brutale Angriffe auf die Artenvielfalt. Genug Selbstzerstörung durch Kohlenstoff. Genug davon, dass die Natur wie eine Toilette behandelt wird."

"Es ist eine Minute vor zwölf", sagte Johnson in einer Rede zum Auftakt eines Plenums von Staats- und Regierungschefs aus aller Welt. Daher müsse die COP26 in Glasgow zu dem Moment werden, "in dem wir den Klimawandel wirklich ernst nehmen und wir uns wirklich mit Kohle, Autos, Geld und Bäumen auseinandersetzen", sagte Johnson. "Die Wut und die Ungeduld der Welt" würden "unbändig" sein, sollte es den Staaten nicht gelingen, sich auf bedeutsame Klimaschutzmaßnahmen zu verständigen.

Die zweiwöchige COP26 hatte am Sonntag begonnen. Verhandelt wird bis zum 12. November über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015. Darin hatte sich die internationale Gemeinschaft darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, idealerweise 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Experten und die UNO warnen aber, dass die Erde derzeit auf eine Erwärmung von 2,7 Grad in diesem Jahrhundert zusteuert. Die Erde hat sich schon jetzt um etwa 1,1 Grad erwärmt; in Deutschland sind es bereits 1,6 Grad.

Die COP26 sei die "letzte" Hoffnung, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, hatte der Konferenzvorsitzende Alok Sharma am Sonntag gewarnt. Ein Dämpfer war aber am Sonntag vom G20-Gipfel gekommen: Die Wirtschaftsmächte fassten nur vage Beschlüsse zum Klimaschutz und scheiterten aus Sicht der meisten Beobachter daran, ein starkes politisches Signal nach Glasgow zu senden.

Quelle: ntv.de, mbe/rts/dpa/AFP

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