Beim CDU-Parteitag gehts um viel Merz muss den Modernen spielen


CDU-Chef Friedrich Merz wird es nicht allen recht machen können.
(Foto: dpa)
Frauenquote, soziales Jahr, Energiekrise: Merz muss sich an seinem ersten Parteitag als gewählter CDU-Chef einigen Grundsatzdebatten stellen. Doch wenn er neue Wähler gewinnen will, wird er seine konservative Gefolgschaft enttäuschen müssen.
Wofür steht das "C" in der CDU? Das ist keine Fangfrage, sondern steht für eine Grundsatzdebatte, mit der sich die Christdemokraten derzeit herumschlagen. Die Union müsse sich "neu finden", sagt CDU-Generalsekretär Mario Czaja nur wenige Tage vor dem Parteitag in Hannover. In der niedersächsischen Landeshauptstadt wird Anfang Oktober ein neuer Landtag gewählt, weshalb die CDU den Ort zur Unterstützung auswählte.
Doch die Chancen stehen schlecht. Nicht nur, weil in Umfragen die SPD in dem Bundesland vorne liegt, sondern auch, weil die Partei vor einem Berg eigener Probleme steht: Die Union hat ihre Modernisierung verschlafen und der neue Parteichef Friedrich Merz muss es richten. Ausgerechnet.
"Starke Führung und klaren Kurs", versprach Merz bei seiner Wahl Anfang des Jahres. Es sah vielversprechend aus: Im dritten Anlauf holte er ein grandioses Wahlergebnis von 95 Prozent, weil ihm sogar das alte Merkel-Lager den Rücken stärkte. Doch stattdessen kommt nun die Schwäche der Partei zum Vorschein, die schon eine ganze Weile unter der Oberfläche brodelt: Die CDU steckt nach der letzten Bundestagswahl in einer Findungskrise.
Laut Forsa-Umfragen der vergangenen zwei Wochen ist die CDU momentan zwar stärkste Kraft in Deutschland. Mit 26 Prozent liegt sie sieben Prozentpunkte vor der SPD und zwei Punkte vor den Grünen. Damit ist die Partei aber alles andere als zufrieden. Statt Richtung 30 Prozent zu marschieren, müsste es auf 35 zugehen, ärgerte sich CDU-Vize Carsten Linnemann. Die große "bürgerliche Mitte", die die Partei gerne wieder für sich beanspruchen würde, hat sie seit dem Wahldebakel vor rund einem Jahr nicht wieder einfangen können.
Frauenquote spaltet Partei
Kritik an Merz kommt auch aus den eigenen Reihen. Die Junge Union, in der schon vor dessen Wahl überwiegend treueste Merz-Fans waren, fordern eine Erneuerung der Partei. "Dass es heute egal ist, wo du geboren wurdest, wo du herkommst, was du glaubst oder auch, wen du liebst - das ist etwas für die CDU, was sie anerkennen muss", sagte ihr Vorsitzender Tilman Kuban dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Partei müsse offener werden. Auch Generalsekretär Czaja gibt zu, dass das "C" der CDU neu verhandelt werden muss.
Viele Themen stünden dabei zur Diskussion: der Umgang mit Sterbehilfe, künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz, Elternzeit für Abgeordnete. Kurz: die eigenen Grundwerte. Mehr als 480 Anträge wurden eingereicht. Schlagzeilen machten zuletzt die viel diskutierte Frauenquote und das verpflichtende Sozialjahr nach der Schule. Merz steht für beides - und erhitzt damit die Gemüter der Konservativen und der Jungen Union gleichermaßen.
Die umstrittene Frauenquote teilt die Partei entzwei: auf der einen Seite die Befürworter, die anerkennen, dass ein Frauenanteil in der CDU von 36,1 Prozent kein Grund zum Jubeln ist. Auch Merz zählt sich zu ihnen. Auf der anderen Seite jene, die betonen, dass man sich mit Wichtigerem beschäftigen müsse als mit "irgendeiner Quote". Dazu zählt auch Linnemann, den es "ärgert", dass man einem Thema so viel Bedeutung beimisst, das den Wählern völlig egal sei. Merz versucht zu beschwichtigen, wenn er sagt, es sei "im Grunde genommen gar keine richtige Quote". Das Ergebnis, egal in welche Richtung es ausgeht, dürfte denkbar knapp werden. Fällt die Quote durch, wäre es für Merz eine echte Schlappe.
Energiekrise gegen Klimakrise?
Doch nicht nur interne Probleme, auch die Energiekrise, in der Deutschland bis zum Hals steckt, soll laut Czaja auf dem Parteitag eine Rolle spielen. Die Union kritisiert den Kurs der Ampel-Regierung, bezeichnet das Entlastungspaket als nicht ausreichend und arbeitet sich vor allem an Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen und seinem Plan ab, die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland nicht weiter laufen zu lassen.
Bei der Generaldebatte im Bundestag in dieser Woche bekam der angriffslustige Merz von einem noch angriffslustigerem und plötzlich gar nicht mehr so ruhigen Kanzler Paroli geboten. "Sie reden am Thema und den Problemen dieses Landes vorbei, das ist wirklich das ganz große Problem", polterte Scholz. Hätte die Union nicht in 16 Jahren Regierungsführung den Ausbau der erneuerbaren Energien verschleppt, statt Deutschland in die Abhängigkeit von russischer Energie zu führen, wäre die Lage jetzt eine andere, so der Kanzler. "Eine Partei, die fast jede Windkraftanlage persönlich bekämpft, hat überhaupt nichts zu tun mit der Frage 'Wie lösen wir die Energieprobleme der Zukunft'."
Es ist kein Geheimnis, dass die Union ihren Schwerpunkt bislang nicht auf den Klimaschutz gesetzt hat. Auch das soll sich nun ändern. Das Thema steht inzwischen ganz oben auf der "Modernisierungs-Agenda".
Quelle: ntv.de