"Keine Zeit zu verlieren" Merz ruft Bundeswehr zu neuer Mentalität auf
07.11.2025, 11:43 Uhr Artikel anhören
Friedrich Merz geht das mit der Bundeswehr noch nicht schnell genug.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Merz will die Bundeswehr zur größten konventionellen Armee der EU machen. Doch der Weg dorthin ist langwierig, räumt der Kanzler vor den militärischen Führungskräften ein. Er fordert mehr Tempo - und eine andere Mentalität, besonders bei der Beschaffung.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat beim Aufwuchs der Bundeswehr zur Eile und zu einer neuen Mentalität gemahnt. "Wir müssen schnellstmöglich verteidigungsfähig werden", sagte Merz in einer Videobotschaft für die Bundeswehrtagung in Berlin. "Wir wollen die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Armee in der Europäischen Union machen, wie es einem Land unserer Größe und unserer Verantwortung angemessen ist." Der Kanzler betonte: "Dabei haben wir keine Zeit zu verlieren." Deutschland habe "große Anstrengungen" vor sich.
Merz ermunterte die Offiziere bei der Beschaffung zu mehr Tempo - und einem radikalen Mentalitätswechsel. "Den Bedrohungen von heute können wir nicht mit den Verwaltungsvorschriften von gestern begegnen." Das Gebot der Stunde laute "Möglich machen". Die Bundeswehr müsse schnell wachsen.
Merz hob allerdings hervor: "Nicht Schiffe, nicht Panzer, nicht Flugzeuge machen unser Land verteidigungsfähig. Es braucht vor allem Soldatinnen und Soldaten." Die Bedrohung durch Russland sei "real", begründete der Kanzler seinen Appell. "Wir sehen sie auch in Deutschland mit hybriden Angriffen jeden Tag. Wir sehen Sabotage, Spionage, Cyberangriffe, Drohnenüberflüge, Auftragsmorde und gezielte Desinformation."
Merz fordert Möglichmacher bei der Bundeswehr
Bei der Bundeswehrtagung verwies auch Verteidigungsminister Boris Pistorius auf die Bedrohungslage durch Russland. "Wir sind mitten dabei, die Bundeswehr konsequent auf Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten", sagte der SPD-Minister vor diesem Hintergrund. Für einen schnellen personellen Aufwuchs der Truppe mahnte er erneut eine höhere Attraktivität des Wehrdienstes an.
Über den koalitionsinternen Streit um den neuen Wehrdienst sprach Pistorius hingegen nicht. Die Bundeswehr soll angesichts der russischen Bedrohung von derzeit etwa 182.000 Soldaten und 100.000 Reservisten bis Mitte der 30er Jahre auf rund 460.000 wachsen. Kernelement dafür soll ein neues Wehrdienstgesetz sein, um das derzeit zwischen Regierung und Parlament gerungen wird.
Bei der Beschaffung gelte das Motto "die Mischung macht's", ergänzte Minister Pistorius. "Wir brauchen weiterhin Großgerät wie Panzer, Schiffe und Flugzeuge, aber genauso natürlich viel mehr innovative Technologien, die uns auf dem Gefechtsfeld der Zukunft bestehen lassen." Diejenigen, die sagten, die Bundeswehr brauche nur noch Drohnen, machten es sich aber zu leicht, sagte Pistorius. "Es gibt keine einfachen Antworten, es gibt kein Schwarz und Weiß."
Generalinspekteur Carsten Breuer sagte, man werde die in der Ukraine gewonnenen Erfahrungen nutzen und daraus eigene Konzepte entwickeln. "Denn der Krieg in der Ukraine ist unser Lehrmeister." Allerdings habe Russland sich in der Hoffnung auf einen schnellen Sieg verschätzt. "Wir müssen verhindern, dass Russland erneut zu einer solchen Fehleinschätzung kommt", warnte er. "Russland darf niemals annehmen, dass es einen Krieg mit der Nato gewinnen kann, auch nicht mit einem einzelnen Nato-Staat." Das gelte 2029, wenn das, was bereits begonnen wurde, wirke. "Und das gilt 2039, wenn wir unsere Streitkräfte neu aufgestellt und unsere Fähigkeiten verbunden und zur Wirkung bringen können."
Quelle: ntv.de, ses/AFP/rts