Ex-Linke bot sich CDU schon an Merz schießt gegen Wagenknecht-Partei
27.12.2023, 10:55 Uhr Artikel anhören
Friedrich Merz hält nichts von Koalitionen mit AfD und Linkspartei - und von einer Zusammenarbeit mit dem Bündnis von Sahra Wagenknecht wohl auch nicht.
(Foto: picture alliance/dpa)
Noch bevor ihre Partei gegründet ist, bietet Sahra Wagenknecht der CDU an, Regierungsbündnisse zu bilden. Während in den Ost-Landesverbänden nicht jeder dies ausschließt, sind Bundespolitiker empört. Auch Friedrich Merz macht nun nochmals deutlich, was er von der Gruppe der Ex-Linken hält.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat Sahra Wagenknecht und ihre noch zu gründende Partei scharf attackiert. Die Union werde den Wählern sagen: "Schaut euch das genau an. Diese Mischung aus Sozialismus und Nationalismus braucht in diesem Land niemand", sagte der Unionsfraktionschef. Merz ergänzte: "Es gibt unter den etablierten Parteien, auch bei uns, der Union aus CDU und CSU, ein breites politisches Angebot. Da gibt es keine Lücke."
"Wir müssen in der politischen Mitte dieses Landes dafür sorgen, dass die Extremen nicht noch stärker werden", appellierte Merz. Einen solchen Effekt erhoffe er sich "auch von einer klareren politischen Konturierung der CDU", betonte er mit Blick auf den Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms, der bei einer Klausur des CDU-Vorstands im Januar als Vorlage für einen Bundesparteitag im Mai beschlossen werden soll.
Wie groß das Stimmenpotenzial des neuen "Bündnisses Sahra Wagenknecht" der früheren Linken-Politikerin sei, könne man derzeit nur schwer einschätzen, sagte Merz. Nach einer ersten Analyse der CDU liege das Potenzial "durchaus bei 10 Prozent. Davon geht auch ein kleiner Teil zulasten potenziell der Union." Möglich sei auch, dass AfD-Wähler ins Lager der Wagenknecht-Partei wechselten. Wie viele, sei schwer zu sagen.
Die langjährige Linken-Politikerin Wagenknecht war im Herbst mit neun Bundestagsabgeordneten aus der Partei ausgetreten, um ein Konkurrenzprojekt zu gründen. Das zunächst als Verein organisierte "Bündnis Sahra Wagenknecht" soll am 8. Januar formal eine Partei werden.
Sorge vor AfD-Erfolg
Mit Blick auf 2024 mit einer Europawahl und neun Kommunalwahlen am 9. Juni sowie drei wegen hoher AfD-Umfragewerte schwieriger Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September sagte Merz: "Für uns ist wichtig, dass wir ein Wählerpotenzial von rund 40 Prozent haben. Das werden wir nur unter besten und günstigsten Bedingungen ausschöpfen können."
Die Union müsse bei der Bundestagswahl so stark werden, dass ohne und gegen sie nicht regiert werden könne. "Dieses Ziel ist erreichbar, trotz der Konkurrenz, die wir im Augenblick ganz links und ganz rechts sehen." Derzeit liegt die Union in Umfragen zwischen 31 und 34 Prozent.
Auf die Frage, wie groß seine Sorge sei, dass nach den Wahlen im Osten im Herbst ohne die AfD bei der Regierungsbildung nichts gehen werde, sagte der CDU-Vorsitzende: "Das ist in der Tat eine besonders große Herausforderung." Er sei aber zuversichtlich, "dass es uns gelingen wird, in allen drei Ländern wieder die stärkste Fraktion in den dortigen Landtagen zu werden." Er werde sich in den Wahlkämpfen "auch persönlich sehr stark engagieren und den Menschen auch sagen: Überlegt euch gut, was ihr tut. Denn jede Stimme für die AfD ist eine Stimme für eine linke Regierung."
Keine Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei
Merz erinnerte daran, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei gegenüber der AfD wie auch der Linkspartei nach wie vor gelte. "Wir werden noch einmal betonen und klarstellen, dass es für uns eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht gibt. Das gilt für alle Länder in Deutschland." Mit Blick auf AfD und Linkspartei betonte Merz: "Es ist völlig undenkbar, dass wir mit diesen Parteien zusammenarbeiten." Ob die CDU dies nochmal formal beschließen müsse, sei eine andere Frage. "Wir dürfen und sollten diese Parteien nun auch nicht ohne Not aufwerten."
In Thüringen toleriert die dortige CDU aktuell eine Minderheitsregierung unter Führung der Linkspartei und Ministerpräsident Bodo Ramelow. Sollten die Christdemokraten nach der nächsten Wahl sowohl mit der AfD als auch mit der Linkspartei nicht koalieren wollen, droht dem Bundesland möglicherweise der Stillstand. Denn Umfragewerte sahen die AfD zuletzt bei rund 34 Prozent, die CDU und Linkspartei bei circa 20 Prozent. Alle anderen Parteien landeten abgeschlagen dahinter.
Sahra Wagenknecht, die ihre Partei noch nicht gegründet hat, hatte sich bereits offen für Bündnisse mit der CDU auf Landesebene gezeigt, was zu Kontroversen führte. Teilweise standen Parteivertreter im Osten dem nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, Bundespolitiker hingegen schon.
Warnung vor "Denkzettel"
Nach dem Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden im November habe er sich genau angeschaut, was dort geschehen sei, sagte Merz. Dort seien Ausländer, Asyl und Einwanderung Hauptthema gewesen. Zudem habe eine liberal-konservative Partei die Zusammenarbeit mit Wilders nicht ausgeschlossen. "Das Ergebnis ist, dass diese Partei mit Abstand die stärkste Partei im niederländischen Parlament wurde. Diese Fehler werden wir hier nicht wiederholen", versprach der CDU-Chef. "Ich hoffe, dass wir über dieses Thema nicht im Übermaß in den Wahlkämpfen sprechen müssen."
Mit Blick auf den 9. Juni warnte Merz, "Wahlen zum Europaparlament sind immer anfällig für Denkzettel". Es sei Aufgabe der Politik, der Bevölkerung die Bedeutung dieser Wahlen zu erläutern. "Das ist das Parlament für ganz Europa, das wesentliche Entscheidungen mit trifft über die Innenpolitik, die Außenpolitik, die Wirtschaftspolitik, die Binnenmarktpolitik." Er werde alles tun, um "den Eindruck zu zerstreuen, man könne hier mal leichterhand einen Denkzettel verpassen ohne Folgen. Ein solcher Denkzettel hätte Folgen."
Quelle: ntv.de, rog/dpa