FDP-Chef Lindner wird konkret Mitregieren Ja - aber nur ohne Merkel
23.12.2017, 18:27 UhrSollte es zu Neuwahlen kommen, schließt FDP-Chef Lindner erneute Gespräche über eine Jamaika-Koalition nicht mehr aus, dann allerdings nur mit der Aussicht auf eine Regierung ohne Merkel. Für realistisch hält er dies im Moment aber selbst nicht.
Im Falle von Neuwahlen will der FDP-Vorsitzende Christian Lindner nur dann in erneute Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis eintreten, wenn die künftige Regierung nicht unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel steht. "Selbstverständlich will Frau Merkel nach zwölf Jahren im Amt nicht in Widerspruch zum eigenen Handeln geraten", sagte Lindner im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Wir wollen aber Teil eines Erneuerungsprojekts werden."
Nach Ansicht von Lindner bräuchte es für Jamaika-Gespräche neues Personal. "Auch bei der CDU gibt es irgendwann vielleicht andere Wahlprogramme und andere Entscheider, die eine Neubewertung der Lage erlauben", erklärte der FDP-Chef. Als Beispiel für einen "CDU-Ministerpräsidenten der neuen Generation" nannte er Schleswig-Holsteins Landeschef Daniel Günther, dem es gelungen sei, Grüne und FDP zusammenzubringen. Das sei keine Frage des Lebensalters, sondern des Dienstalters, betonte Lindner.
Nichtsdestotrotz ist Lindner der Ansicht, dass die Kanzlerin kurzfristig fest im Sattel sitzt - im Falle von Neuwahlen rechne er nicht damit, dass sich "an den handelnden Personen" etwas ändern werde. Jamaika-Verhandlungen ohne Merkel seien nach den Worten des FDP-Parteivorsitzenden deshalb eher eine langfristige Perspektive.
Lindner lobt SPD-Industriepolitik
Nach Ansicht Lindners ist eine mögliche Große Koalition im Augenblick für das Land besser als eine Regierungsbeteiligung seiner eigenen Partei im gescheiterten Jamaika-Bündnis. "Bei der SPD gibt es immerhin noch Ansätze für eine vernünftige Industriepolitik, vor allem mit Blick auf den Energiebereich. Das wäre mit den Grünen schlimmer gekommen", sagte Lindner dem Blatt. "All das, was die SPD für eine Große Koalition an Mehrausgaben fordert, hatte auch Jamaika im Gepäck. Es ging um Mehrausgaben von 60 Milliarden Euro."
Bereits vor einigen Tagen hatte Lindner mit seinen Aussagen über einen neuen Anlauf für eine Jamaika-Koalition parteiübergreifend für Unmut gesorgt. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hatte erklärt: "Mit seiner Verantwortungsflucht aus den Jamaika-Sondierungen hat Christian Lindner Schiffbruch erlitten. Jetzt will er offensichtlich persönliche Schadensbegrenzung betreiben und versucht, von seiner Fehlentscheidung mit einer fadenscheinigen Begründung abzulenken."
Quelle: ntv.de, jug/rts