Nur wer kämpft, ist ein Mann? Moskau setzt auf krude Strategie im Werben um Soldaten
20.04.2023, 16:42 Uhr Artikel anhören
Nach den vielen Verlusten beim Angriff auf die Ukraine versucht Russland mit einem Video, Kämpfer für die Invasion zu rekrutieren. Die Propaganda-Taktik scheint zu sein, Nicht-Soldaten die Männlichkeit abzusprechen. Denn nach Ansicht des Kremls ist wohl nur ein richtiger Mann, wer sich verpflichten lässt.
Angesichts schwerer Verluste bei seinem Krieg gegen die Ukraine wirbt Russlands Verteidigungsministerium nun mit einem aufwendig produzierten Video um Kämpfer für die Gefechte im Nachbarland. Zu sehen sind auf dem Clip im Stil eines Actionfilms ein Wachmann in einem Supermarkt, ein Trainer im Fitnessstudio und ein Taxifahrer, die sich in Soldaten in Uniform verwandeln. Mit dem Video wird direkt hinterfragt, ob die Männer an der richtigen Stelle ihrem Land dienen. "Du bist doch ein Mann! Werde nun einer!" ist auf Russisch in dem 46-Sekunden-Clip zu lesen. "Diene mit einem Vertrag!", lautet die Aufforderung.
Versprochen werden den Freiwilligen monatlich für den Fronteinsatz ein Sold ab 204.000 Rubel (rund 2280 Euro), eine ordentliche Ausbildung und Sozialleistungen. Unter einer Hotline mit der Nummer 117 oder auf einer Internetseite können sich die Männer direkt melden. Im ganzen Land gibt es Meldepunkte für die Freiwilligen.
Die Versprechungen stehen im Widerspruch zu vielen anderen Clips, in denen Soldaten immer wieder schlechte Ausrüstung, Führung und Behandlung beklagen. Zuletzt hatte auch die russische Privatarmee Wagner in Schreiben Freiwillige für den Einsatz im Kriegsgebiet für einen Sold von 240.000 Rubel monatlich geworben. Versprochen werden außerdem Erfolgsprämien, teilte Wagner mit. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat ebenfalls im ganzen Land Anwerbestellen eingerichtet.
Kameras sollen Wehrpflichtige identifizieren
Nach ukrainischen Angaben sollen bereits über 180.000 russische Soldaten beim Angriff auf das Land ihr Leben verloren haben. Westliche Beobachter gehen von weniger aus. Die Rekrutierung von Kämpfern soll sich mit der Zeit schwieriger gestalten - auch in der Ukraine. Moskau setzt wohl auch deswegen auf ungewöhnliche Maßnahmen: Die staatliche Nachrichtenagentur TASS teilte unter Bezug auf den Chef der Einberufungsbehörde, Maxim Loktew, kürzlich mit, dass mit den in der Hauptstadt weit verbreiteten Gesichtserkennungs-Kameras der Wohnort von Wehrpflichtigen identifiziert wird.
Männer im Alter von 18 bis 27 Jahren sind eigentlich angehalten, einen Militärdienst von einem Jahr zu leisten. Bislang konnten sich dem allerdings viele der Wehrpflichtigen entziehen. Präsident Wladimir Putin hatte deshalb vergangene Woche ein Gesetz unterzeichnet, wonach Wehrdienstverweigerer mit härteren Sanktionen rechnen müssen.
Quelle: ntv.de, rog/dpa