Politik

"Darf kein Tabu geben" Müntefering über Rentensystem: "Kann so nicht funktionieren"

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Erhöhung des Einstiegsalters, höhere Beiträge oder doch weniger Geld? Irgendetwas muss im Rentensystem passieren, sagt Franz Müntefering. Aktuell gehe die Gleichung nicht auf. Die eine Lösung hat der ehemalige SPD-Chef nicht parat. Seine Partei ruft er aber vor allem zu einer Sache auf: Mut.

Der ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering hat seine Partei bei den anstehenden Reformen des Sozialstaats zu Mut aufgefordert und bei Rente und Bürgergeld Korrekturen angemahnt. "Langfristig können Sozialreformen der SPD nur helfen", sagte Müntefering der "Süddeutschen Zeitung". "Bevor der Wagen in den Graben fährt, muss man auch lenken", sagte Müntefering weiter mit Blick auf langfristige Finanzierungsprobleme des Sozialstaats.

Die Bundesregierung aus Union und SPD will vor dem Hintergrund von Milliardenlücken in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes noch in diesem Herbst die Weichen für tiefgreifende Sozialstaatsreformen stellen. Besonders sollen das Rentensystem und das Bürgergeld auf dem Prüfstand stehen. Letzteres will die Koalition durch eine sogenannte Grundsicherung ersetzen.

Mit Blick auf das von der SPD-geführten Vorgängerregierung eingeführte Bürgergeld äußerte sich Müntefering skeptisch. "Einen Fehler würde ich meiner Partei nicht vorwerfen", sagte er zwar. "Aber ich hätte es nicht gemacht."

"Es darf kein Tabu geben"

Müntefering war von 2008 bis 2009 SPD-Chef und hatte zuvor als Arbeits- und Sozialminister unter Kanzlerin Angela Merkel 2006 die Rente mit 67 auf den Weg gebracht. Heute kann er sich eine erneute Anhebung des Renteneintrittsalters vorstellen. "Damals wie heute kann man sich ja ausrechnen, was passiert, wenn man nichts tut. Ich habe mir damals gesagt: 'Da darfst du nicht kneifen, du musst sagen, was Sache ist'", berichtete der heute 85-Jährige.

"Es darf kein Tabu geben - aber ich weiß auch nicht, ob das die eine alleinige Lösung ist", sagte Müntefering mit Blick auf die Anhebung des Renteneintrittsalters weiter. "Wenn man sich das alles anguckt, kommt man ja heute auch wieder zu dem Ergebnis: Das kann so überhaupt alles nicht funktionieren", sagte er. "Entweder die Leute müssen früher rein in den Job oder länger drinbleiben oder man bezahlt mehr ein oder es gibt weniger Geld."

Die mögliche Anhebung des Renteneintrittsalters ist in der Koalition umstritten. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche forderte einen solchen Schritt zuletzt wiederholt, vor allem die SPD ist in der Koalition aber dagegen. Eine Rentenkommission soll bis Mitte der Legislaturperiode - also bis 2027 - Vorschläge für ein langfristig finanzierbares Altersvorsorgesystem erarbeiten.

Quelle: ntv.de, ses/AFP

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