Politik

Frauke Petry über den Islam "Müssen drastische Maßnahmen ergreifen"

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AfD-Anhänger demonstrieren in Stralsund. Mit ihren Aussagen zum Islam scheint die Parteiführung einen Nerv bei ihren Anhängern getroffen zu haben.

(Foto: dpa)

Mit dem "Herrschaftsanspruch" mancher Imame will die AfD gleich auch Minarette verbieten. Das lasse sich nicht voneinander trennen, sagt die Parteivorsitzende im Interview mit n-tv.de.

n-tv.de: Sie sind unzufrieden mit dem Label "rechtspopulistisch", mit dem die AfD von Medien und anderen Parteien versehen wird. Passt das neue Label "Anti-Islam-Partei" besser?

Frauke Petry: Das eine wie das andere trifft den Kern der Partei nicht. Ich lehne solche Etiketten ab. Wir sollten über die Inhalte reden. Das Thema der Islamkritik ist in der AfD nicht neu und bei Weitem nicht unser einziges.

Ihre Stellvertreterin Beatrix von Storch sagt, der Islam sei "an sich" eine politische Ideologie, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Stimmen Sie zu?

Das Staatsverständnis und der politische Anspruch der wesentlichen islamischen Strömungen sind in der Tat mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Ich finde, das baden-württembergische Landtagswahlprogramm hat es gut getroffen. Dort steht: Der Islam gehört nicht zu Deutschland, gut integrierte Muslime gehören sehr wohl zu Deutschland. Und ich füge hinzu: wenn sie ihre Religion privat und friedlich ausüben.

Wenn Frau von Storch recht hat, müsste man die Ausübung des Islam verbieten.

Nein, natürlich nicht. Das meint sie nicht. Es geht ihr nicht um die gut integrierten Muslime, die sich ein Stück weit assimiliert haben. Aber der Islam, der nie eine Aufklärung durchlebt hat und der ohne jegliche historisch-kritische Betrachtungsweise Aussagen aus dem 7. Jahrhundert für ewig gültig erklärt, der kann mit einer modernen, demokratischen Gesellschaft nicht harmonieren.

Sie sprechen jetzt aber gerade nicht vom Islam "an sich", wie es Frau von Storch getan hat.

Es geht um die wesentlichen Strömungen und auf die trifft meine Aussage leider Gottes zu.

Sie fordern im Leitantrag zum Bundesparteitag ein Verbot von Minaretten. Was stört Sie so daran?

Es geht nicht darum, was uns persönlich stört. Es geht darum, ob mit dem vermehrten Errichten von Moscheen und Minaretten und dem Muezzinruf - finanziert aus Saudi-Arabien und der Türkei - ein Herrschaftsanspruch verbunden wird. Wenn man sieht, was in den meisten Moscheevereinen auf Arabisch gepredigt wird, dann ist damit ein Herrschaftsanspruch verbunden. Lange hat sich niemand darum gekümmert. Wir müssen sehen, wie die Tendenz dieser Entwicklung ist: eine intolerante Haltung gegenüber der Demokratie, gegenüber anderen Demokratien und gegenüber Religionslosen. Und das ist ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Das muss geahndet werden.

Die Finanzierung von Moscheen und die Inhalte von Predigten werden auch von anderen Politikern kritisch gesehen. Aber die Frage war: Was ist das Problem mit Minaretten?

Das kann man nicht voneinander trennen. Man kann den Islam nicht kritisieren, dann aber die Symbole dieser Religion ignorieren und nichts unternehmen, um eine solche Entwicklung einzuschränken. Es ist nicht notwendig, ein Minarett und einen Muezzin zu haben, um fünfmal am Tag zu beten. Die Glaubensfreiheit ist dadurch nicht bedroht. Man mag das als hart empfinden, aber mit einer Appeasement-Politik gegenüber dieser Art von Religionsausübung werden wir mit unserer Demokratie unterliegen. Wir müssen drastische Maßnahmen ergreifen.

Haben Sie mit Muslimen gesprochen, bevor Sie diesen Antrag formuliert haben?

Es gibt Muslime in der AfD und wir reden mit Muslimen, die seit Jahrzehnten hier leben und ihre eigene Religion kritisch betrachten. Der Leitantrag ist ein Ergebnis einer Programmkommission, an der mehr als 1000 Personen beteiligt waren. Unter anderem auch Islamwissenschaftler. Dass wir über Nuancen noch diskutieren müssen, ist zweifelsohne richtig. Im Übrigen gibt es in der AfD auch Kritik an neuen Kirchenbauten. Religionskritik, egal an welcher Religion, muss in einer Demokratie möglich sein, vor allem, wenn die Religion die Demokratie gefährdet.

Welche Wirkung will die AfD mit dem Thema Islam in der Gesellschaft erzielen?

Wir machen keine Politik, um vordergründige Effekt zu erzielen. Wir kümmern uns um die Probleme in diesem Land, die von anderen Parteien teilweise über Jahrzehnte liegengelassen wurden. Gerade im Zuge der Migrationskrise, der Einwanderung von Hunderttausenden - häufig muslimischen - Personen nach Deutschland und Europa müssen wir uns um das Thema Islam kümmern. Aber das Thema ist nicht von uns hochgespielt worden. Wir können auch gerne über Familien-, Euro- und EU-Politik reden.

Was sollte der Staat Ihrer Meinung nach gegen Rechtsextremismus tun?

Ich möchte die Frage erweitern. Wir haben Links- und Rechtsextremismus, wobei der Linksextremismus staatlicherseits eher geduldet wird als der Rechtsextremismus. Um beide Seiten müssen wir uns kümmern, der Staat muss sein Gewaltmonopol aufrechterhalten. Das tut er insbesondere beim Linksextremismus nicht.

Was sollte der Staat gegen Linksextremismus tun?

Was ich gerade gesagt habe: Extremistische Ränder sind vom Staat zu bekämpfen und es ist dafür zu sorgen, dass sie nicht auch noch öffentlich finanziert werden. Der Aktionsradius an beiden Rändern des politischen Spektrums muss möglichst kleingehalten werden.

Was haben Sie gedacht, als Sie das Video aus Clausnitz gesehen haben, das zeigt, wie eine Menschenmenge Flüchtlinge bedroht?

Haben die Menschen jemanden bedroht oder haben sie gerufen "Wir sind das Volk"? Was ist für Sie die Bedrohung gewesen?

Sie waren offensichtlich so laut und aggressiv, dass die Menschen aus dem Bus nicht aussteigen wollten.

Zu demonstrieren ist für Sie eine Bedrohung?

Wenn das Angst auslöst - und das war offensichtlich der Fall -, dann ja.

Wenn Linksaktivisten uns auf unseren Demonstrationen massiv beschimpfen und versuchen, uns Angst zu machen, dann ist das auch Gewalt und der Staat müsste eingreifen?

Das könnte auch eine Form von Gewalt sein, ja.

Ich war nicht in Clausnitz dabei. Meiner Meinung nach ist eine Demonstration keine Gewalt, solange sie friedlich bleibt. Wäre es eine gewaltsame Demonstration gewesen, hätte die Polizei einschreiten müssen. Gleichwohl halte ich den Demonstrationsort für den falschen. Demonstrationen gehören an den Ort der Verursachung, in diesem Fall also zum Beispiel vor das Innenministerium oder das Rathaus. Ihre Frage nach der Bedrohung offenbart, dass man die Bedrohung immer nur auf der einen Seite sieht. Und ich rate dazu, die Bedrohung von beiden Seiten wahrzunehmen.

Wen glauben Sie, wählen diese Leute aus Clausnitz?

Ich weiß nicht, was Sie mit der Frage bezwecken. Ich weiß es nicht, wen sie wählen. Schlimm ist, dass viele Leute gar nicht mehr wählen.

Die AfD hat mittlerweile über 100 Abgeordnete in den Parlamenten und damit die Möglichkeit, Stimmungen kleinzuhalten, anzuheizen oder zu verändern. Hat die AfD da keine Verantwortung?

Stimmungen sind Effekte von Sachdiskussionen. Jede politische Partei trägt Verantwortung, die wesentlichen Probleme in der Gesellschaft zu diskutieren und Lösungen aufzuzeigen. Wir stellen fest, dass in vielen Bereichen - ich nenne mal die Familienpolitik, den Euro, die EU, die Migration - viele der politischen Akteure in den letzten Jahren keine Sachdebatten geführt haben sondern sich nur um Stimmungen gekümmert haben: Man wollte niemanden beunruhigen und keine Kontroverse zulassen. Das ist der Grund, aus dem sich Menschen möglicherweise Extremisten zuwenden. Wir sollten als Demokraten alle für eine vernünftige Sachdebatte sorgen, damit das nicht passiert.

Sie meinen, die Stimmungen, die sich gegen Flüchtlinge richten, sind von anderen Parteien kleingehalten worden und müssen nun durch die AfD zum Vorschein gebracht werden?

Die Stimmungen sind der Effekt einer verfehlten Politik. Die anderen Parteien kritisieren die AfD häufig dafür, dass sie auf Probleme hinweist. Und dann sprechen alle über Symptome und niemand spricht mehr darüber, warum ein Problem da ist. Das ist auch der Grund, warum so viele Menschen enttäuscht von der Politik sind. Seit Jahren wurden die falschen Weichen gestellt. Dafür diejenigen verantwortlich zu machen, die auf das Problem hinweisen, ist billig und im schlechten Sinne populistisch.

Noch über Jahre werden Hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland leben, weil sie nicht in ihre Heimat zurückkönnen. Angenommen, die AfD würde regieren: Wie würde sie das Zusammenleben mit diesen Menschen gestalten?

Erstens leben nicht Hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland, sondern Hunderttausende Migranten. Das sollte man differenzieren. Zweitens muss schnellstens geprüft werden, wer sich hier illegal aufhält - diese Leute können nicht in Deutschland bleiben. Denjenigen, die ein temporäres Aufenthaltsrecht haben, sollte jegliche Hilfe gegeben werden, um aus ihrer Zeit in Deutschland das Beste zu machen. Und danach sollten sie in ihre Heimatländer zurückkehren. Das ist ja auch der Wunsch vieler Flüchtlinge zum Beispiel aus Syrien und der Wunsch vieler Heimatländer.

Mit Frauke Petry sprach Christoph Herwartz

Quelle: ntv.de

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