Unabhängigkeit von Ampel-Politik Linker SPD-Flügel begehrt gegen Scholz und Co. auf
15.06.2024, 15:47 Uhr Artikel anhören
Jan Dieren beim Bundesparteitag der SPD 2023 in Berlin.
(Foto: picture alliance / dts-Agentur)
Sie stellt zwar den Regierungschef, aber ihre letzten Wahlergebnisse sind wenig berauschend: Die SPD befindet sich in einem Zustimmungsloch. Die Partei-Linke denkt daher über ein Mitgliederbegehren nach, um die Kernthemen Mieten, Arbeit und Bildung wieder in den Fokus zu rücken.
Die SPD-Parteilinke erwägt nach dem Debakel bei der Europawahl ein Mitgliederbegehren über die Ausrichtung der Partei. "Wir müssen in der Sozialdemokratie wieder unabhängiger von Regierungspolitik diskutieren, wie unsere Gesellschaft in Zukunft aussehen soll", sagte der Co-Vorsitzende der SPD-Parteilinken "DL21", Jan Dieren, dem "Tagesspiegel". "Wir denken daher intensiv über ein Mitgliederbegehren nach."
Zur Debatte wollen die Parteilinken inhaltliche Fragen stellen. "Der nächste Haushalt ist etwas, an dem wir sehr grundsätzlich diskutieren können, ob sich die Sozialdemokratie gerade in diesen Zeiten an Austeritätspolitik beteiligen sollte", sagt Dieren. Auch Fragen in den Bereichen Arbeit, Mieten- und Bildungspolitik seien denkbar. "Das kann mehr Dynamik in die Diskussion bringen, die der SPD bei ihren Kernthemen nur guttun kann."
"Ein Vorteil ist, dass wirklich alle Mitglieder mitmachen können und in die Breite der Partei mobilisiert werden kann", glaubt der Bundestagsabgeordnete. Die Parteilinken hoffen so auf eine Wiederbelebung mancher Diskussionen in der Partei. "Im Wahlkampf haben viele von uns gemerkt, dass viele Menschen und zum Teil sogar Genossinnen und Genossen der tatsächlichen Arbeit der SPD zunehmend schulterzuckend gegenüberstehen."
Die Parteilinken erinnern auch an das Ergebnis der Europawahl 2019, das den Rücktritt der damaligen Parteivorsitzenden Andrea Nahles zur Folge hatte. Der daraufhin folgende Mitgliederentscheid über die neue Parteiführung führte zu einer breiten Mobilisierung in der Partei.
Vermögensungleichheit bekämpfen
Laut Dieren hängen die Schwäche der Sozialdemokratie und die Stärke rechter Parteien zusammen. "Insbesondere die arbeitenden Menschen haben das Gefühl, dass sie der SPD nicht mehr vertrauen können." Deshalb müsste die Sozialdemokratie ökonomische Fragen wieder stärker adressieren: "Die SPD muss noch deutlicher und glaubwürdiger für bessere Löhne stehen, für mehr Demokratie in der Arbeitswelt kämpfen, bezahlbares Wohnen ermöglichen, Vermögensungleichheit benennen und bekämpfen", sagt Dieren.
Auf der Sommertagung der Parteiströmung in Berlin soll unter dem Motto "Unser Rezept gegen den Rechtsruck" über das weitere Vorgehen beraten werden. Der "DL21" gehören etwa 1200 Mitglieder und rund 30 Bundestagsabgeordnete an. Für ein Mitgliederbegehren wären zuerst rund 4000 Unterstützer aus zehn Unterbezirken der Partei notwendig. Innerhalb von drei Monaten müssen dann auf einer Onlineplattform 20 Prozent der Mitglieder zustimmen.
Quelle: ntv.de, als