Atomprogramm im Visier? Israel will gegen den Iran "signifikant" zurückschlagen


Israelische Kampfjets könnten bald schon aufsteigen, um Angriffe gegen den Iran durchzuführen.
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Mit knapp 200 Raketen greift der Iran verschiedene Ziele in Israel an. Die Schäden sind begrenzt. Aber die israelische Regierung will eine deutliche Antwort liefern. Dabei könnten dieses Mal auch wertvolle Ziele anvisiert werden.
Nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel droht ein massiver Vergeltungsschlag. Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte bereits, dass der Iran einen "großen Fehler" begangen habe und dafür bezahlen werde. "Wir werden uns an die Regel halten, die wir aufgestellt haben: Wer uns angreift, den werden wir angreifen." Wie hoch der Preis sein wird, den das Regime in Teheran zahlen muss, ist offen. Israelische Offizielle sprechen gegenüber dem Nachrichtenportal Axios von einer "signifikanten Vergeltung".
Im April war die israelische Antwort nach dem iranischen Angriff mit Drohnen und Raketen vergleichsweise zurückhaltend ausgefallen. Ein Radar einer Flugabwehreinheit vom Typ S-300 wurde zerstört. Eine Machtdemonstration. Israel zeigte, dass es die iranische Flugabwehr überwinden kann - ohne die Situation übermäßig zu eskalieren. Doch es scheint fraglich, ob die Netanjahu-Regierung es bei einem Gegenschlag dieser Größenordnung belassen wird. Mehrere Faktoren sprechen dagegen.
Damals hatte die US-Regierung noch sehr deutlich auf Jerusalem eingewirkt, um eine totale Eskalation der Lage zu verhindern. Auch jetzt findet wieder eine Abstimmung zwischen Washington und Israel statt, um das Ausmaß eines Gegenschlags zu klären, wie Axios unter Berufung auf namentlich nicht genannte US-Offizielle berichtet. Einen vollumfänglichen Krieg will die Biden-Administration weiterhin unbedingt verhindern.
Hisbollah schreckt Israel nicht mehr
Eine Drohkulisse, die der Iran hochgezogen hatte, ist inzwischen in sich zusammengestürzt: die Hisbollah. Das Arsenal von 150.000 Raketen nördlich von Israel hatte Abschreckungspotenzial. Doch die Terrororganisation ist sechs Monate später nicht mehr dieselbe. Die israelische Armee versetzte ihr erhebliche Schläge. Nahezu die komplette Führungsriege wurde getötet und das Waffenarsenal dezimiert. Am Boden geht die IDF zudem im Grenzgebiet gegen die Kämpfer der vom Iran unterstützten Organisation vor.
Netanjahu und seiner Regierung bieten sich nun wohl verschiedene Optionen. "Israel wird versuchen, die Vorstellung zu verstärken, dass seine technologische Überlegenheit und seine militärischen Fähigkeiten es ihm erlauben, jedes Ziel im Iran anzugreifen", sagte der ehemalige US-Geheimdienstoffizier Norman Roule dem "Wall Street Journal".
Hierfür könnte es Berichten zufolge auf Luftangriffe auf die iranische Ölförderungsindustrie zurückgreifen, um dem Feind wirtschaftlich zu schaden. Alternativ könnte auch die iranische Flugabwehr durch Attacken dezimiert werden. Allerdings in deutlich größerem Umfang als im April.
Bennett will Terrorregime "tödlich verletzen"
Es könnte aber auch ein Ziel ins Visier rücken, welches Israel existenziell gefährdet: das iranische Atomprogramm. "Wir müssen jetzt handeln, um das iranische Atomprogramm und seine zentralen Energieanlagen zu zerstören und dieses Terrorregime tödlich zu verletzen", forderte der ehemalige Premierminister Naftali Bennett auf X. "Die Tentakel dieser Krake sind schwer verwundet - jetzt ist es an der Zeit, auf den Kopf zu zielen".
Auch der sich im Ruhestand befindende israelische General Yaakov Admiror hält einen solchen Schritt für möglich. Ein Angriff auf die Atomanlage müsse "in Betracht gezogen werden", so der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Netanjahus gegenüber der "New York Times".
Aber auch geheimdienstliche Aktionen sollten nicht ausgeschlossen werden. Erst vor wenigen Monaten war in einem iranischen Gästehaus der Hamas-Chef Ismail Hanija durch eine Explosion getötet worden. Eine solche Operation könnte wohl auch als Vorbild dienen.
Quelle: ntv.de