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Kriegstag in Israel im Überblick Netanjahu will Einheitsregierung - Hamas droht mit Geisel-Ermordung

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"Wir werden den Nahen Osten verändern", kündigte Netanjahu einer Mitteilung zufolge an.

"Wir werden den Nahen Osten verändern", kündigte Netanjahu einer Mitteilung zufolge an.

(Foto: picture alliance/dpa/GPO)

Nach dem Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel fordert Regierungschef Netanjahu die Opposition zu einer Notstandsregierung auf. Indes machen sich rund eine halbe Million Israelis für den Kampf im Gazastreifen bereit. Sorge bereiten allerdings über 100 dorthin verschleppte israelische Geiseln. Der Kriegstag in Israel im Überblick.

Angesichts des Krieges mit der radikalislamischen Hamas-Bewegung hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die Opposition zur gemeinsamen Bildung einer "Regierung der nationalen Einheit" aufgerufen. Er fordere die Oppositionsführer auf, "sofort eine Notstandsregierung der nationalen Einheit ohne Vorbedingungen zu bilden", sagte Netanjahu am Abend in einer Fernsehansprache.

Zuvor hatte der Regierungschef "Rache" geschworen. "Wir werden den Nahen Osten verändern", sagte er einer Mitteilung der Repräsentanten israelischer Ortschaften im Süden des Landes zufolge. "Was die Hamas erleben wird, wird hart und fürchterlich sein. Wir sind erst am Anfang." Aufgabe der Armee sei es, die Hamas so zu schwächen, dass sie Israelis nicht mehr bedrohen und den Gazastreifen nicht mehr regieren könne, sagte ein Armeesprecher.

Mindestens 900 Tote in Israel

Die Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird, hatte am Samstag bei einem Großangriff auf das Grenzgebiet das schlimmste Blutbad unter Zivilisten seit der israelischen Staatsgründung angerichtet. Mehr als 4500 Raketen wurden inzwischen nach offiziellen Angaben auf Israel abgefeuert. Die Zahl der Toten in Israel ist laut Medienberichten auf 900 gestiegen.

Wie das Pressebüro der Regierung mitteilte, wurden rund 2600 Menschen verletzt. Allein in einem völlig zerstörten Kibbutz nahe des Gazastreifens mit rund 1000 Einwohnern wurden am Montag, dem ersten Tag der Suche, mehr als 100 Leichen geborgen, wie Medien unter Berufung auf Rettungskräfte meldeten. Weitere Todesopfer werden befürchtet.

Israel bombardiert Gazastreifen und Südlibanon

Die israelische Armee reagierte mit massiven Bombardierungen des Gazastreifens. Bei den israelischen Luftangriffen wurden nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums mindestens 687 Menschen getötet und mehr als 3800 verletzt. Auch an Israels Nordgrenze zum Libanon gab es Gefechte, was die Sorge vor einer Ausweitung des Konflikts verstärkte. Israelische Kampfhubschrauber griffen Ziele im Südlibanon an. Soldaten hätten zuvor mehrere Bewaffnete erschossen, die nach Israel vorgedrungen waren, teilte das israelische Militär mit.

Zudem mobilisierte die israelische Armee 300.000 Reservisten. Es ist die größte Mobilisierung in der israelischen Geschichte in so kurzer Zeit, wie ein Armeesprecher sagte. Die Anordnung deutet auf eine Bodenoffensive in den Gazastreifen hin, einem dicht besiedelten Küstenstreifen am Mittelmeer. Netanjahu hatte Zivilisten zuvor zum Verlassen von Gaza aufgefordert. Vertreter der US-Regierung gehen davon aus, dass die israelische Regierung in den nächsten 24 bis 48 Stunden einen Bodenangriff in den Gazastreifen starten wird. Das berichtet die "Washington Post" unter Berufung auf Quellen aus der US-Regierung.

Hamas will Geiseln bei Luftangriffen ermorden

Große Sorge bereitet das Schicksal von rund 150 verschleppten israelischen Geiseln. Unter ihnen sind auch Bürger mehrerer westlicher Staaten, darunter eine Deutsche. Viele besitzen den Berichten zufolge die doppelte Staatsbürgerschaft. Die Hamas drohte, für jeden von Israel ausgeführten Angriff eine zivile Geisel hinzurichten, wie ein Sprecher sagte. Die Organisation hatte zuvor einen Gefangenenaustausch gefordert und verlangte die Freilassung von 36 inhaftierten Palästinenserinnen in Israel für die Übergabe von älteren entführten Israelinnen.

Israels Armee nahm eigenen Angaben zufolge Hunderte Hamas-Mitglieder in Gefangenschaft. Hunderte Terroristen seien zudem im Gazastreifen und auch am Grenzzaun getötet worden, sagte Militärsprecher Daniel Hagari laut israelischen Medien. Derzeit dringen demnach keine Terroristen aus dem Gazastreifen mehr in Israel ein. Israel hatte die komplette Abriegelung des nur 40 Kilometer langen und sechs bis zwölf Kilometer breiten Streifens an, der nur etwas größer als München ist. Verteidigungsminister Joav Galant sagte: "Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel und keinen Treibstoff geben."

Deutschland setzt Entwicklungshilfe aus

13.000 UN-Mitarbeitende der Vereinten Nationen harren derzeit noch im Gazastreifen aus. "Sie sind offensichtlich nicht in der Lage, wegzugehen", sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. "Sie konzentrieren sich darauf, im Rahmen ihres Mandats alles zu tun, was sie können, um der Bevölkerung zu helfen." Es seien Angestellte des UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) - die meisten von ihnen seien Palästinenser, etwa 300 seien internationale Mitarbeitende.

Aus Ägypten wurden humanitäre Hilfslieferungen verschiedener Organisationen vorbereitet, sagte ein palästinensischer Sprecher am ägyptischen Grenzübergang Rafah im Süden des Gazastreifens. Deutschland und andere Staaten wie Australien teilten mit, sie setzten die Entwicklungshilfen für die palästinensische Bevölkerung angesichts des Hamas-Terrors zunächst aus. Die deutschen Programme würden umfassend und mit offenem Ausgang überprüft, sagte eine Sprecherin des Entwicklungsministeriums in Berlin.

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Quelle: ntv.de, spl/dpa/AFP/rts

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