"Inflationsprämie" und Zahlungen Bis zu 40 Milliarden Euro: Das soll das nächste Entlastungspaket enthalten
02.09.2022, 16:22 Uhr (aktualisiert)Die Ampel-Streitereien der vergangenen Wochen sollen vorbei sein: Zwischen SPD, Grünen und FDP ist wieder Harmonie angesagt. Zugleich beschließen die drei Parteien neue Entlastungen - unter anderem steuerfreie Einmalzahlungen an Gering- und Mittelverdiener.
Die Bundesregierung arbeitet nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz an einem "präzisen, maßgeschneiderten" Punkteplan zur weiteren Entlastung der Menschen angesichts steigender Inflation und angesichts der hohen Energiepreise. Die Arbeit daran werde die Regierung bald abschließen, sagte Scholz nach der zweitägigen Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg bei Berlin. Finanzminister Christian Lindner erklärte, nötig sei jetzt "ein wuchtiges Paket für Entlastungen in der ganzen Breite der Gesellschaft". Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wiederum kündigte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz und Lindner verschiedene Maßnahmen an, um speziell die hohen Energiepreise wieder zu drosseln. Dazu sei es erforderlich, einen senkenden Effekt aus dem Markt heraus zu generieren. Details wollten alle drei aber auch auf wiederholte Nachfrage nicht nennen. Noch nicht.
Scholz freute sich, dass die Verhandlungen zum Entlastungspaket bislang ohne Nachtsitzungen und ohne Durchstechereien abliefen. "Dass Sie davon nicht so viel mitbekommen haben, macht mich persönlich professionell stolz", sagte Scholz.
Wie ntv aus Kreisen der Bundesregierung allerdings erfuhr, gibt es durchaus ein paar konkrete Punkte, die im Rahmen der Klausurtagung entwickelt wurden. Vor allem direkte Einmahlzahlungen sind demnach angedacht. So plant die Koalition aus SPD, Grünen und FDP:
- Eine steuerfreie Einmalzahlung an Gering- und Mittelverdiener. Diese "Inflationsprämie" soll zwischen 800 und 1500 Euro liegen.
- Außerdem soll das Wohngeld um eine Heizkomponente ergänzt und damit erhöht werden.
- Zusätzlich soll es einen einmaligen Kinderzuschlag über die Familienkasse geben.
- Eine Einmalzahlung soll auch an Hartz-IV-Empfänger, an Rentnerinnen und Rentner sowie an Studierende gehen, die keine Steuern zahlen.
- Wie von der SPD-Fraktion gefordert, soll zudem ein EU-weiter Industriestrompreis geprüft werden.
- Auch das Kurzarbeitergeld soll über den September hinaus verlängert werden.
- Zudem will die Regierung Wirtschaftshilfen und erleichterte Kredite für kleine und mittlere Unternehmen auf den Weg bringen.
Was passiert mit dem 9-Euro Ticket?
Offen zeigte sich Lindner auch für eine Unterstützung des Bundes bei einer Nachfolge-Regelung für das breit angenommene 9-Euro-Ticket im Regionalverkehr, das am heutigen Mittwoch ausläuft. Bundesverkehrsminister Volker Wissing habe ihn überzeugt, dass er mit einem Bruchteil der Finanzmittel des 9-Euro-Tickets ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisieren könne, erklärte Lindner. Jetzt seien die Länder dran, ergänzte er. Wenn die Finanzierungsfrage klar sei, könne der Preis festgelegt werden. Fest stehe, dass Wissing "etwas Bahnbrechendes erreicht" habe, so Lindner, "nämlich über drei Monate den Tarif-Dschungel in Deutschland zu lichten". Wenn dies in ein dauerhaftes Modell überführt werden könne, dann könne man "nicht nein sagen".
Habeck lobt Scholz
Lindner sagte, er sehe im Haushalt für 2022 noch Spielräume für Entlastungen der Bürger im einstelligen Milliardenbereich. Das gehe unter anderem auf die Steuereinnahmen zurück, die stärker sprudeln als erwartet. 2023 werde der Spielraum dann noch größer sein, weil hier schon Vorsorge getroffen worden sei. Insgesamt soll sich das Volumen des neuen Pakets auf 30 Milliarden bis 40 Milliarden Euro summieren.
"Wir haben die wichtigen Themen der Sicherheit besprochen, wir haben Zukunftsfragen besprochen und die Gelegenheit genutzt, uns unterzuhaken", fasste Bundeskanzler Scholz die Atmosphäre der Klausur auf der gemeinsamen Pressekonferenz zusammen. Vor den kommenden Monaten müsse man in Deutschland keine Angst haben, pflichtete Habeck bei. Das Land geht laut Wirtschaftsminister gut gerüstet in den Winter. Die Gasspeicher seien mittlerweile gut gefüllt. Dieses Gas werde dem Markt nicht entzogen, sondern stehe im Winter zur Verfügung.
Vor der Klausur auf Schloss Meseberg hatte sich der Ton in der Koalition deutlich verschärft. Neu daran war, dass vor allem SPD und Grüne sich gegenseitig Vorwürfe machten. Damit soll nun offenbar Schluss sein: Habeck sagte, er wolle unterstreichen, "wie gut es ist, dass Olaf Scholz diese Regierung führt".
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 31. August 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, hvo/rts