Abtreibung weiterhin verboten Nordiren scheitern vor Oberstem Gericht
07.06.2018, 14:42 Uhr
Aktivisten argumentieren, die bestehende Regelung in Nordirland kriminalisiere die Frauen und setze sie "unmenschlichen und erniedrigenden" Behandlungen aus.
(Foto: picture alliance / Niall Carson/)
Zwei Wochen ist es her, dass Irland sein striktes Abtreibungsverbot mit einem Referendum gekippt hat. Im Norden soll eine Klage dasselbe Ergebnis bewirken, scheitert jedoch vor Gericht. Dennoch erhöhen die Richter den Druck auf die Regierung.
Das Oberste Gericht in Großbritannien hat eine Klage zum strikten Abtreibungsverbot in Nordirland abgewiesen. Die Klage sei zwar inhaltlich "begründet", aus formellen Gründen aber unzulässig, entschieden die Richter in London. Die Nordirische Menschenrechtskommission hatte gegen das Gesetz aus dem Jahr 1861 geklagt, weil es aus ihrer Sicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.
In ihrer Klage verlangte die Kommission, das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zumindest nach Vergewaltigungen, bei Inzest und schweren Missbildungen des Fötus aufzuheben. Eine Mehrheit von vier der sieben Richter wies die Klage mit der Begründung zurück, dass die Kommission nicht das Recht habe, ein derartiges Verfahren einzuleiten. Inhaltlich sei die Klage aber "begründet".
Damit machten die Richter deutlich, dass sie das Abtreibungsverbot in dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland ansonsten für unvereinbar mit der Menschenrechtskonvention erklärt hätten. Ausnahmen von dem strikten Abtreibungsverbot in Nordirland sind bisher nur möglich, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist oder ihre Gesundheit ernsthaft geschädigt werden könnte. In den anderen Teilen Großbritanniens sind Schwangerschaftsabbrüche seit 1967 erlaubt.
Rechtslage "unvereinbar" mit Menschenrechtskonvention
Bei einer Anhörung im Oktober hatten die Aktivisten argumentiert, die bestehende Regelung in Nordirland kriminalisiere die Frauen und setze sie "unmenschlichen und erniedrigenden" Behandlungen aus.
Der Richter Jonathen Mance sagte nun, er hätte bei einer Zulässigkeit der Klage ebenfalls "ohne wirkliches Zögern" entschieden, dass die Rechtslage in Nordirland "unvereinbar" mit der Menschenrechtskonvention sei, allerdings nur bei Vergewaltigung, Inzest und tödlichen Missbildungen des Fötus - und nicht bei schweren Missbildungen, wie von der Menschenrechtskommission gefordert. Drei weitere der sieben Richter schlossen sich dieser Haltung an. Damit steigt der Druck auf die Regierungen in Belfast und London, das Abtreibungsrecht zu ändern.
Vor zwei Wochen war das ebenfalls strikte Abtreibungsverbot im Nachbarstaat Irland durch ein Referendum gekippt worden. Auch Abtreibungsbefürworter in Nordirland hofften daraufhin auf eine Liberalisierung. In London forderten Abgeordnete von Regierung und Opposition die britische Premierministerin Theresa May auf, sich für eine Reform einzusetzen.
Gegen eine baldige Gesetzesänderung sprechen allerdings die aktuellen Machtverhältnisse in der Politik des Vereinigten Königreichs. Mays konservative Minderheitsregierung ist im Unterhaus auf die Stimmen der Abgeordneten der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) angewiesen. Die protestantische Partei lehnt eine Änderung des Abtreibungsrechts strikt ab.
Quelle: ntv.de, lri/AFP