"Offene Feldschlacht" & "D-Day" FDP veröffentlicht Strategiepapier zu Ampel-Bruch
28.11.2024, 17:12 Uhr
Bereits kurz nach dem Koalitionsbruch waren Berichte laut geworden, wonach die FDP konkrete Vorbereitungen für den Ausstieg aus der Koalition getroffen habe.
(Foto: picture alliance/dpa)
Ein interner Fahrplan der FDP macht deutlich, wie die Liberalen ihren Austritt aus der Ampel-Koalition planten. In dem Papier fallen markige Begriffe wie "D-Day" und "offene Feldschlacht". FDP-Generalsekretär Djir-Sarai verteidigt die Veröffentlichung.
Ein nun bekannt gewordenes internes Strategiepapier der FDP-Spitze wirft ein neues Licht auf die Vorbereitung des Ausstiegs aus der Ampel-Koalition. In dem achtseitigen Dokument spielen die Liberalen den idealen Zeitpunkt des Ausstiegs sowie Medienstrategien durch. Die Partei veröffentlichte das Papier jetzt selbst im Netz, um nach eigenen Angaben Transparenz herzustellen. Zuvor hatten Redakteure der "Süddeutschen Zeitung" und der "Zeit" unabhängig voneinander Fragen zu dem bis dahin unveröffentlichten Dokument an die FDP geschickt.
"Der Stillstand der Ampel war längst zu einer Belastung für das Land geworden", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai über das Papier. "Wir haben niemals ein Geheimnis daraus gemacht, dass ohne eine Wirtschaftswende ein Ende der Ampel ein möglicher Ausgang des von uns selbst genannten Herbstes der Entscheidungen sein könnte."
Das achtseitige Dokument - offensichtlich eine Powerpoint-Präsentation - ist überschrieben mit "D-Day Ablaufszenarien und Maßnahmen". Die FDP hatte zuvor dementiert, dass die Partei intern die Formulierung "D-Day" verwendet habe. "Dieser Begriff ist nicht benutzt worden", sagte Djir-Sarai im ntv Frühstart am 18. November auf die Frage, ob der Begriff in Parteikreisen benutzt worden sei. "Das ist falsch", bekräftigte der Generalsekretär damals.
"Bilder der Verkündung entscheidend"
In dem Papier heißt es: "Es könnte ein Ausstieg zu Beginn der KW 45 erfolgen." Unter dem Stichwort "idealer Zeitpunkt" wurde demnach außerdem erwogen, den Ausstieg zur Mitte der Kalenderwoche 45 erfolgen zu lassen, allerdings sprach dagegen der "ungewisse Ausgang der US-Wahl".
Nach der internen Analyse wäre eine Verschiebung nach hinten aber problematisch gewesen, da der Zeitpunkt des Ausstiegs dann mit den Haushaltsverhandlungen und dem Parteitag der Grünen kollidiert hätte. Kalenderwoche 45 begann am 4. November. Der Koalitionsbruch erfolgte dann am Abend des 6. November, als Bundeskanzler Olaf Scholz den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner als Finanzminister entließ.
Das FDP-Papier enthält Angaben zu einem "Kernnarrativ", das nach einem Ausstieg verbreitet werden müsste. Die FDP argumentiert darin mit einer "notwendigen Richtungsentscheidung". Aufgrund der fundamentalen Gegensätze zwischen Rot-Grün und FDP sei die Bundesregierung selbst "zum größten Standortrisiko" geworden.
Die Liberalen argumentierten in dem Papier weiter, dass der Stillstand nur durch Neuwahlen zu lösen sei. So wollten sie den Bruch der Ampel begründen. "Neben den Worten sind die Bilder der Verkündung entscheidend. Diese müssen eine Position der Stärke, Entschlossenheit und Überzeugung ausdrücken", heißt es in dem Papier. "Die Atmosphäre muss ernsthaft, aber nicht getrieben wirken." In einer Grafik ist eine Ablaufpyramide zum "D-Day" illustriert - in Phase vier ist die Rede vom Beginn der "offenen Feldschlacht". Auch ein vorbereitetes Statement von Lindner ist bereits enthalten und Szenarien, wann, wo und über welche Kanäle man den Ampel-Bruch am besten verkünden könnte.
"Drehbuch für den Regierungssturz"
Die FDP bezeichnet das Dokument in einer Stellungnahme als "Arbeitspapier", das vom Bundesgeschäftsführer der Partei zum ersten Mal am 24. Oktober erstellt worden sei, veröffentlicht nun in der letzten Version vom 5. November. "Dieses technische Papier ist kein Gegenstand der politischen Beratung von gewählten Mandatsträgern und Regierungsmitgliedern gewesen, sondern eine rein interne Vorbereitung für das Szenario eines Ausscheidens der FDP aus der Ampel-Koalition", heißt es.
Bereits nach dem Koalitionsbruch waren Berichte laut geworden, wonach die FDP konkrete Vorbereitungen für den Ausstieg aus der Koalition mit SPD und Grünen getroffen habe. Einer Recherche der "Zeit" zufolge wurden in mehreren Treffen der engsten FDP-Führung seit Ende September Szenarien für ein Ende der Koalition durchgespielt.
In dem "Zeit"-Bericht war die Rede von der Existenz eines "Drehbuchs für den Regierungssturz" und Erwägungen für einen "kalkulierten Bruch" der Koalition, "SPD und Grüne so weit zu reizen, bis der Kanzler die FDP-Minister rausschmeißt". Die FDP hatte die Medienberichte damals nicht dementiert - aber darauf hingewiesen, dass es letztlich Scholz gewesen sei, der mit Lindners Entlassung den Bruch der Koalition bewirkt habe.
Quelle: ntv.de, jpe/AFP/dpa