Schachbrett der Großmächte? Orban: Ungarn muss sich aus Krieg heraushalten
15.03.2022, 20:45 Uhr
Innenpolitisch steht Orban vor den anstehenden Parlamentswahlen in seinem Land unter Druck.
(Foto: REUTERS)
Während die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien mit dem Zug im russisch belagerten Kiew angekommen sind, betont der ungarische Ministerpräsident Orban, sich "heraushalten" zu wollen. Bei Kriegen sieht er Großmächte am Werk und sein Land als mögliches Bauernopfer.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will mit dem Ukraine-Krieg nichts zu tun haben. "Aus diesem Krieg müssen wir uns heraushalten", sagte er vor zehntausenden Zuhörern, darunter vielen Anhängern seiner rechtsnationalen Fidesz-Partei, in Budapest. "Die Kriege werden nicht für uns und nicht in unserem Interesse geführt", erklärte er. Ungarn sei nur eine Figur auf dem Schachbrett der Großmächte.

Vor zehntausenden Zuhörern äußerte sich Orban auf einer Großkundgebung zum ungarischen Nationalfeiertag.
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"Mal will uns der eine, mal der andere an die Front schieben", knüpfte Orban an Allgemeinplätze von Verschwörungstheoretikern an. "Wenn es ihre Ziele erfordern, opfern sie uns auf."
Ungarn ist seit 1999 Mitglied der NATO, seit 2004 der EU. Orban, der seit 2010 regiert, pflegte allerdings bis zuletzt ein freundschaftliches Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilte Orban zwar und trug die Sanktionen der EU mit, um nicht völlig isoliert dazustehen. Zugleich schloss er ungarische Waffenlieferungen an die EU aus und untersagte es auch der NATO, Waffen direkt über ungarisches Territorium an die Ukraine zu liefern.
Patt-Situation vor Parlamentswahlen
Am 3. April stehen in Ungarn Parlamentswahlen an. Orban sieht sich erstmals von einer geeinten Opposition herausgefordert, die linke, grüne, liberale und rechte Parteien einschließt. Meinungsforscher sehen die beiden Lager Kopf an Kopf liegen.
Der Spitzenkandidat der Opposition, der parteilose Konservative Peter Marki-Zay, sagte, die Ungarn müssten in knapp drei Wochen "zwischen dem Osten und Europa wählen". Unter Orban "sind wir freiwillig auf die schlechte Seite der Geschichte zurückgekehrt", meinte er. Die Bürger hätten es nun in der Hand, Orban abzuwählen, damit "wir, egal wo auf der Welt, wieder stolz sagen können: 'Ich bin Ungar.'"
Quelle: ntv.de, mpe/dpa