Politik

Bauern drangsalieren Habeck Özdemir kritisiert "Fanatiker", Scholz sieht "Verrohung"

HabeckFähre.JPG

Politiker sind entsetzt nach der Drangsalierung Habecks durch wütende Bauern. Die Leute hätten "feuchte Träume von Umstürzen", so Landwirtschaftsminister Özdemir. Der Deutsche Bauernverband äußert sich nun auch und spricht von einem "No-Go".

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Blockade der Ankunft von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck durch aufgebrachte Landwirte in einem Fährhafen als beschämend bezeichnet. Die Aktion verstoße gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders, erklärte Scholz auf X. "Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein", schrieb Scholz. Wütende Bauern hatten das Anlegen einer Fähre in Schlüttsiel in Schleswig-Holstein verhindert, mit der Habeck am Donnerstag aus dem Urlaub zurückkehren wollte.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen bezeichnete die Teilnehmer der Blockade als "Fanatiker" und "Radikalinskis" und forderte eine klare Distanzierung der deutschen Landwirte. Das seien "Leute, denen geht es nicht um die deutsche Landwirtschaft", sagte Özdemir in der ARD. "Die haben feuchte Träume von Umstürzen, und das wird's nicht geben. Um es sehr klar zu sagen: Das ist nicht akzeptabel." Habeck habe mit dazu beigetragen, dass die ursprünglich geplanten Kürzungspläne im Agrarbereich "korrigiert wurden", sagte Özdemir. "Umso absurder, dass gerade er da nun angegriffen wird."

Die deutsche Landwirtschaft dürfe ihr Demonstrationsrecht selbstverständlich ausüben. Er verwies aber darauf, dass es sich in diesem Fall um eine "radikale Minderheit" handele. "Und ich kann alle nur bitten und auffordern, sich davon deutlich zu distanzieren", sagte Özdemir. Zuvor hatte Özdemir bereits geschrieben, es gebe einen weitgehenden Konsens in der Gesellschaft, dass man zivilisiert miteinander umgehe und streite. "Ich messe da immer mit gleichem Maß, ob bei Klimaklebern oder bei den Bauern am Fährhafen: Gewalt und Nötigung sind verachtenswert und schaden auch dem Anliegen".

Inzwischen kritisierte auch der Deutsche Bauernverband (DBV) die Blockade-Aktion. "Das geht gar nicht, das ist eine Grenzüberschreitung, eine Verletzung der Privatsphäre", sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken dem WDR. "Gewalt und Nötigung haben bei unseren Aktionen nichts verloren." "Blockaden dieser Art sind ein No-Go", erklärte auch DBV-Präsident Joachim Rukwied. "Wir sind ein Verband, der die demokratischen Gepflogenheiten wahrt."

Kritik auch von FDP und CDU

Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP verurteilte den Vorfall, der das Anliegen vieler Landwirte, die friedlich demonstrierten, diskreditiere." Gewalt gegen Menschen oder Sachen hat in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren!" Umweltministerin Steffi Lemke schrieb dazu auf X, sie erwarte nun eine klare Distanzierung des Deutschen Bauernverbands.

Auch von der traditionell bauernfreundlichen CDU gab es Kritik: Der frühere Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte auf X, es werde hier eine Grenze überschritten. "Wer die Ampel inhaltlich laut kritisiert, darf jetzt nicht schweigen. Das geht so nicht!"

Fähre muss umkehren

Wütende Bauern hatten am Donnerstag Habeck an der Nordseeküste am Verlassen einer Fähre gehindert. Sie hatten dabei den Anleger in Schlüttsiel blockiert, Habeck musste deshalb wieder auf die Hallig Hooge zurückkehren. Erst in der Nacht erreichte der Wirtschaftsminister das Festland mit einer weiteren Fähre, wie die Flensburger Polizei und ein Ministeriumssprecher bestätigten. Nach Angaben der Polizei handelte es sich um mehr als hundert Demonstranten. Rund 30 Beamte waren im Einsatz. Sie setzten auch Pfefferspray ein.

Am Donnerstag reagierte die Bundesregierung auf die massiven Bauernproteste wegen des geplanten Abbaus von Subventionen: Die Koalition will auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll gestreckt und in mehreren Schritten vollzogen werden.

Der Deutsche Bauernverband hält die Maßnahmen aber für unzureichend - und hält an einer ab Montag geplanten Aktionswoche fest. "Der Unmut ist mehr als gerechtfertigt. Wir hatten über viele Jahre hinweg starke Durststrecken beim Einkommen", sagte der Präsident Rukwied dem "Tagesspiegel" zur Lage auf den Höfen. Das vergangene Jahr habe für viele Betriebe eine Verschnaufpause gebracht, für das laufende Wirtschaftsjahr geht Rukwied aber wieder von sinkenden Erträgen aus.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen