Bewegung bei Verhandlungen Palästinenser beklagen Tote bei Angriff auf Flüchtlingsunterkunft
06.07.2024, 22:46 Uhr Artikel anhören
Laut dem zur Hamas gehörenden Medienbüro starben 16 Menschen bei einem Luftangriff auf eine ehemalige UNRWA-Schule. Israels Militär gab an, das Objekt habe Terroristen als Versteck und Operationsbasis gediehnt.
(Foto: REUTERS)
Während es hoffnungsvolle Signale von den Verhandlungen zwischen der Hamas und Israel gibt, gehen die blutigen Kämpfe im Gazastreifen weiter. Die Palästinenser lasten Israel einen Luftangriff auf eine als Flüchtlingsunterkunft dienende Schule an. Das israelische Militär erklärt, es habe Terroristen bekämpft.
Bei einem Luftangriff auf eine Flüchtlingsunterkunft im mittleren Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben 16 Menschen getötet worden. Rund 75 weitere Palästinenser seien verletzt worden, teilte das von der Hamas kontrollierte Medienbüro mit, das Israel für den Angriff verantwortlich machte. Bei dem aus der Luft getroffenen Gebäude im Flüchtlingsviertel Nuseirat handelte es sich den Angaben zufolge um eine ehemalige Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA, die seit Ausbruch des Gaza-Kriegs als Unterkunft für rund 7000 geflohene Menschen diente. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das israelische Militär teilte wenig später mit, dass es mehrere Kämpfer der Hamas im Areal der UNRWA-Schule angegriffen habe. Das Objekt habe den Terroristen als Versteck und Operationsbasis für Attacken auf das israelische Militär gedient. Im Vorfeld des Angriffs habe das Militär zahlreiche Schritte unternommen, um das Risiko für Zivilisten zu minimieren. Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Nach palästinensischer Darstellung kamen in den zwei vergangenen Tagen mindestens 87 Menschen bei Angriffen auf und Kämpfen in Gaza ums Leben. Im Viertel Schedschaija in der Stadt Gaza seien mehrere bewaffnete Hamas-Mitglieder getötet worden, die Soldaten angegriffen hätten, teilte das israelische Militär mit. Bei ihrem seit Ende Juni dort andauernden Einsatz seien zudem Tunnel und Raketen mit längerer Reichweite entdeckt worden. Dies deute "auf einen erneuten Versuch des Feindes, sich in dem Gebiet eine Basis zu errichten" hin, hieß es von der Armee. Israels Militär war bereits zuvor in dem Viertel gegen die Hamas vorgegangen.
Auch in Rafah im Süden des Gebiets gehen die Kämpfe Armeeangaben zufolge weiter. Dort seien, "mehrere Terrorzellen, die eine Bedrohung darstellten" eliminiert worden, teilte das Militär mit. In einem als "humanitäre Zone" ausgewiesenem Gebiet in der Stadt Deir al-Balah im Zentrum des Küstenstreifens griffen israelische Einsatzkräfte Armeeangaben zufolge zudem gezielt einen dort versteckten Raketenwerfer der Hamas an. Immer wieder kommt es zu Raketenbeschuss aus dem Küstengebiet auf Israel.
Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde vom Samstag wurden seither mindestens 38.098 Menschen im Gazastreifen getötet und weitere 87.705 verletzt. Die Zahlen umfassen sowohl bewaffnete Kämpfer als auch Zivilisten. Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober 2023 in Israel verübt hatten.
Hamas verzichtet auf Vorbedingung für Deal
Während die Kämpfe im Gazastreifen andauern, ist Berichten zufolge in den vergangenen Tagen Bewegung in die Bemühungen eine Verhandlungslösung zwischen der Hamas und Israel gekommen. Nach indirekten Gesprächen am Freitag bestätigte ein hochrangiges Hamas-Mitglied, man habe die Forderung fallen gelassen, dass Israel sich zunächst zu einem dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen verpflichten müsse. Demnach sei nun in einer ersten, auf sechs Wochen begrenzte Phase eines Abkommens ein befristeter Waffenstillstand vorgesehen, der Lieferungen von Hilfsgütern ermöglichen und den Abzug der israelischen Truppen garantieren solle.
16 Tage nach Beginn der ersten Phase sollten Gespräche über die Freilassung israelischer Geiseln, darunter auch Soldaten und männliche Zivilisten, beginnen, sagte das Hamas-Mitglied weiter. Grundlage der Gespräche ist ein von US-Präsident Joe Biden Ende Mai vorgelegter Plan, der die Freilassung von etwa 120 Geiseln der Hamas und einen Waffenstillstand umfasst. Zunächst sind in zwei Phasen die schrittweise Freilassung der Geiseln, ein Rückzug der israelischen Streitkräfte und eine Freilassung palästinensischer Gefangener aus israelischer Haft geplant. Eine dritte Phase beinhaltet den Wiederaufbau Gazas und die Übergabe der Leichen toter Geiseln.
Ein hochrangiger Mitarbeiter der palästinensischen Regierung, der mit den Verhandlungen vertraut ist, sagte Reuters, der Vorschlag könne zu einem Rahmenabkommen führen, mit dem der seit neun Monaten andauernde Krieg im Gazastreifen beendet werde. Im israelischen Verhandlungsteam hieß es, es bestehe nun eine reelle Chance, eine Einigung zu erzielen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Freitag erklärt, die Verhandlungen über eine Feuerpause in Nahost würden kommende Woche fortgeführt. Es bestünden weiter Differenzen.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa/rts