Johnson lässt EU weiter warten Paris stellt Zöllner gegen Chaos-Brexit ein
30.08.2019, 16:22 Uhr
Falls es zum Chaos-Brexit kommt, soll der französische Zoll bereit sein. (Symbolbild).
(Foto: imago/IP3press)
Während die EU weiterhin auf konkrete Vorschläge aus London warten muss, stellt Frankreich vorsorglich 700 zusätzliche Zöllner ein. An Nordfrankreichs Küste beginnt derweil eine Brexit-Ernstfall-Übung, die französische Unternehmen auf einen ungeordneten Brexit vorbereiten soll.
Frankreich hat für den Ende Oktober geplanten britischen EU-Austritt 700 zusätzliche Zöllner eingestellt. Mit dem künftigen Nicht-EU-Land Großbritannien solle es eine "intelligente Grenze" mit Online-Erklärungen für Unternehmen geben, um kilometerlange Lastwagenstaus zu verhindern. Das kündigte der französische Budgetminister Gérald Darmanin im Sender RTL an.
Der britische Premier Boris Johnson will sein Land am 31. Oktober notfalls ohne ein Brexit-Abkommen aus der EU führen. Ein No-Deal-Brexit dürfte vor allem für die Wirtschaft erhebliche Konsequenzen haben, weil dann nach derzeitigem Stand der Dinge wieder Zölle und Grenzkontrollen eingeführt werden müssten.
Der Pariser Ressortchef sagte, das Problem betreffe vor allem die nordfranzösische Hafenstadt Calais. Vor dem Brexit solle es einen Monat lang eine Art Generalprobe geben, um die Abläufe zu testen. Es gebe in Frankreich rund 100.000 Unternehmen, die mit Großbritannien arbeiten würden.
Brexit-Ernstfall-Übung
Der Minister machte den künftigen Ablauf an einem Beispiel deutlich: "Sie sind ein Mittelständler, und Sie exportieren nach Großbritannien. Sie deklarieren nunmehr alles per Internet", sagte Darmanin. "Es wird Strichcodes geben. Nummernschilder werden gelesen. Und an der Grenze geht Ihre Ware direkt nach Großbritannien - außer bei Kontrollen, falls man denkt, dass Sie schmuggeln oder nachgemachte Ware haben."
Unterdessen wartet die EU-Kommission mehr als einen Monat nach Johnsons Amtsantritt weiter auf konkrete Vorschläge aus London, die einen Chaos-Brexit vermeiden könnten. "Wir erwarten, dass Großbritannien konkrete Vorschläge vorlegt", sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Das habe EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker Johnson im Laufe der Woche bereits klargemacht. Diese müssten mit dem bereits ausgehandelten Austrittsabkommen vereinbar sein, hieß es weiter.
Knackpunkt im Streit zwischen London und Brüssel ist der sogenannte Backstop. Diese Klausel würde Großbritannien so lange an bestimmte EU-Regeln binden, bis eine andere Lösung zur Vermeidung von Grenzkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland gefunden ist. London sieht darin inakzeptable Fesseln. In der kommenden Woche seien Gespräche mit Johnsons Brexit-Berater David Frost geplant. Dieser habe die EU-Kommission um zwei Treffen pro Woche gebeten, hieß es in Brüssel.
Quelle: ntv.de, mau/dpa