Politik

Elfte Festnahme nach Lehrer-Mord Paris will islamistische Vereine austrocknen

Trotz Corona genehmigt: Tausende Menschen versammeln sich auf dem Platz der Republik zu einer Solidaritätsdemonstration nach der brutalen Ermordung eines Lehrers.

Trotz Corona genehmigt: Tausende Menschen versammeln sich auf dem Platz der Republik zu einer Solidaritätsdemonstration nach der brutalen Ermordung eines Lehrers.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach der Enthauptung eines Lehrers bei Paris versammeln sich die Franzosen trotz Corona im ganzen Land zu Trauerkundgebungen. Derweil plant die Regierung, islamistische Vereine finanziell zu beschneiden. Die Polizei meldet eine neue Festnahme aus dem Umfeld des Täters.

In Frankreich hat die Polizei nach dem Mord an einem Lehrer durch einen mutmaßlichen Islamisten eine elfte verdächtige Person festgenommen. Weitere Details zu der Person wurden zunächst nicht mitgeteilt. Kurz nach dem Verbrechen waren vier enge Verwandte des 18-Jährigen, der tschetschenische Wurzeln hat, festgenommen worden. Weitere fünf Verdächtige wurden etwas später in Gewahrsam genommen, eine zehnte Person am Samstag.

Ein 18-Jähriger hatte am Freitagabend in Conflans-Sainte-Honorine, einem Vorort von Paris, den Geschichtslehrer Samuel Paty auf offener Straße mit einem Messer enthauptet. Wenig später wurde er von Polizisten erschossen. Paty hatte seinen Schülern im Staatsbürgerunterricht über Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen gezeigt. Einige Muslime werten jede Abbildung ihres Propheten als Gotteslästerung. Der laut Staatsanwaltschaft 2002 in Moskau geborene Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln hatte nach der Tat im Netz damit geprahlt. Er veröffentlichte ein Foto des Opfers und richtete eine Nachricht an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den er als "Anführer der Ungläubigen" bezeichnete. "Ich habe einen Ihrer Höllenhunde hingerichtet, der es wagte, Mohammed herabzusetzen", schrieb er laut Staatsanwalt.

Derzeit befinden sich mehrere Menschen aus dem Umfeld des Täters in Polizeigewahrsam. Auch der Vater einer Schülerin, der im Netz gegen den Lehrer mobilisiert hatte, nachdem dieser die Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte, war in Polizeigewahrsam genommen worden. Er hatte ein Video verbreitet und öffentlich gegen den Lehrer gewettert, wie Staatsanwalt Jean-François Ricard sagte. Der Vater forderte bei der Direktorin die Entlassung des Pädagogen. Dabei wurde er von einem Mann begleitet, der Medien zufolge ein bekannter Islamist ist. Die Staatsanwaltschaft stellte bisher keine Verbindung zwischen diesem Vater und dem Angreifer her.

Lehrer besser schützen

Premierminister Jean Castex sagte der Zeitung "Journal du Dimanche", die Regierung arbeite an einer Strategie, um die Lehrer besser zu schützen. "Ich will, dass die Lehrer wissen, dass nach dieser gemeinen Tat das ganze Land hinter ihnen steht." Die Tragödie betreffe jeden in Frankreich, denn mit diesem Lehrer sei die Republik angegriffen worden. Präsident Macron wertete das Attentat auf den 47-jährigen Lehrer als islamistischen Terrorakt. Er wolle sich im Laufe des Tages mit dem Sicherheitskabinett beraten, teilte das Büro des Staatsoberhauptes mit. Finanzminister Bruno Le Maire will nun die Finanzflüsse einiger islamistischer Vereine schärfer kontrollieren. "Es gibt ein Problem bei der Finanzierung einer Reihe von islamistischen Vereinen, hier können und müssen wir es besser machen", sagte Le Maire dem Sender France 3 Television. Als Beispiel nannte er Kryptowährungen.

In Frankreich herrscht nach dem Attentat riesige Anteilnahme. Zahlreiche Menschen haben sich am Sonntagnachmittag nach der brutalen Ermordung eines Lehrers zu einer Solidaritätsdemonstration in Paris versammelt. Um 15 Uhr klatschten die Menschen minutenlang auf der Place de la République im Osten der Innenstadt. Viele hielten Schilder, auf denen "Je suis Prof" oder "Je suis enseignant" (dt.: Ich bin Lehrer) stand, in die Luft. Der Platz war dicht gefüllt.

Die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" hatte sich Demo-Aufruf der Organisation SOS Racisme und Lehrergewerkschaften angeschlossen. Im ganzen Land wollten Menschen auf die Straße gehen. Auch in anderen Städten wie Marseille oder Bordeaux wollten Menschen auf die Straße gehen.

Massendemo in Paris genehmigt

Zu der Solidaritätskundgebung auf der Pariser Place de la République kündigte auch Bildungsminister Jean-Michel Blanquer und andere politische Größen kündigten ihre Teilnahme an. Die Place de la République im Pariser Osten ist ein symbolischer Ort - bereits nach der Terrorserie im Januar 2015, zu der auch der Anschlag auf "Charlie Hebdo" zählte, gedachten dort Menschen aus ganz Frankreich der Opfer. Seitdem ist der Platz nach Terroranschlägen zu einem zentralen Ort der Anteilnahme geworden.

Die brutale Attacke trifft Frankreich mitten in der zweiten Corona-Welle, von der das Land schwer getroffen ist. In Paris gilt die höchste Corona-Warnstufe, hier sind Versammlungen von mehr als 1000 Menschen eigentlich verboten. Berichten zufolge hat die Pariser Polizeipräfektur die Demonstration genehmigt.

Quelle: ntv.de, mau/rts/dpa

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