Neue Realität in Europa Pistorius: "Wir sind nicht mehr im kompletten Frieden"
25.09.2025, 13:41 Uhr Artikel anhören
Pistorius kam mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten auf Schloss Ettersburg bei Weimar zusammen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Drohnenüberflüge über skandinavische Flughäfen sorgen für Unruhe und Verunsicherung in Europa. Für Bundesverteidigungsminister Pistorius sind die Vorfälle kaum überraschend.
Nach dem Auftauchen von Drohnen über mehreren Flughäfen in Dänemark spricht Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius von einer neuen Realität, "mit der wir umgehen". Drohnenüberflüge seien für ihn keine Überraschung, sagte Pistorius am Rand der Konferenz der ostdeutschen Ministerpräsidenten auf Schloss Ettersburg bei Weimar. "Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im kompletten Frieden. Wir werden attackiert, hybrid, mit Desinformationskampagnen und eben durch Drohneneindringen."
Nach Angaben seiner dänischen Kollegen sei bisher nicht klar, woher die Drohnen kämen. Ihr Einsatz gehöre jedoch zur Strategie des russischen Präsidenten Wladimir Putin - ohne "dass wir es in dem Fall konkret sagen könnten", so Pistorius. Nur zwei Tage nach dem Drohnenalarm am Flughafen Kopenhagen wurden am späten Mittwochabend bis in die Nacht zum Donnerstag hinein weitere Drohnen über einer Reihe von Airports im Nato-Land Dänemark gesichtet.
Bei der Ministerpräsidentenkonferenz geht es auch um Verteidigungsstrukturen in Ostdeutschland. "Wir sind uns total einig darüber, dass wir alle Anstrengungen unternehmen müssen, um eben auch in Ostdeutschland die Standorte für Rüstungsindustrie auszubauen", sagte Pistorius. Zugleich dämpfte er Erwartungen nach einer Ost-Komponente bei der Vergabe von Rüstungsaufträgen. Quoten sehe das Vergaberecht nicht vor und sie "würden uns auch zeitlich in erhebliche Bedrängnis bringen".
Minister will Rüstungsindustrie in Ostdeutschland stärken
Pistorius kündigte eine Konferenz zusammen mit Vertretern der Rüstungsindustrie und des Wirtschaftsministeriums an. "Verteidigungsfähigkeit in Deutschland heißt starke Rüstungsindustrie, und das heißt: möglichst in allen Regionen Deutschlands", sagte Pistorius. Das werde aber eine Zeit dauern. "Und bis dahin müssen wir halt vor allen Dingen die Geschwindigkeit bei der Produktion in den Vordergrund stellen."
Bereits vor Beginn der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz hatte Pistorius angedeutet, zusammen mit Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche nach Lösungen suchen zu wollen, wie der Rüstungsindustrie dabei geholfen werden kann, in Ostdeutschland Standorte aufzubauen. "Unsere Hauptaufgabe ist, schnell Verteidigungsfähigkeit und schnell Vollausstattung herbeizuführen", sagte Pistorius.
Zuvor hatten die Ministerpräsidenten von Sachsen und Thüringen, Michael Kretschmer und Mario Voigt, darauf gedrängt, die ostdeutschen Bundesländer stärker bei der Vergabe von Aufträgen für die Verteidigung zu berücksichtigen. Voigt sagte vor den Beratungen mit Pistorius: "Wenn wir Schulden aufnehmen, wird es auch darum gehen, dass die Bürger im Osten, die damit auch viel bezahlen, was davon haben." Er erwarte, dass von den Militärausgaben etwas im Osten ankommt. Immerhin habe der Osten Kompetenzen vor allem in der Optik, Luft- und Raumfahrt sowie im Maschinenbau.
Quelle: ntv.de, spl/dpa