Rechte instrumentalisieren Fall Polizei meldet Angriffe auf Migranten nach Anschlag in Magdeburg
28.12.2024, 21:59 Uhr Artikel anhören
Die Magdeburger Polizei ist auch nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt gefordert.
(Foto: picture alliance / Panama Pictures)
Magdeburg steht nach dem tödlichen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt noch unter Schock. Einige Menschen nutzen die Tat jedoch, um ihrer Wut über Migranten Ausdruck zu verleihen. Die Polizei der Stadt meldet allein vier Körperverletzungen. Gewaltberatungsstellen sprechen von einer bedrohlichen Atmosphäre.
Eine Woche nach dem Anschlag von Magdeburg hat die Polizei erstmals Details zu Angriffen auf Menschen mit Migrationsgeschichte genannt. Das berichtet der MDR. Ein Polizeisprecher bestätigte demnach, dass seit 20. Dezember vier Fälle von Körperverletzung gemeldet wurden. Betroffen seien jeweils Menschen gewesen, die von den Angreifern als Migranten ausgemacht wurden. In zwei Fällen habe man Verdächtige identifizieren können und Ermittlungen eingeleitet, so der Polizeisprecher gegenüber dem MDR. Zudem habe man die Präsenz von Polizisten in der Stadt erhöht.
Zuvor hatte die Tageszeitung "taz" von Betroffenen berichtet, die nach dem Anschlag auf einen Magdeburger Weihnachtsmarkt teils rassistisch beleidigt und attackiert wurden. So erklärte eine Krankenpflegerin der Uniklinik der Stadt, ihr Mann und sie seien an Heiligabend von einem Betrunkenen beleidigt und mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. Der Angreifer kam kurz darauf in Gewahrsam.
Laut dem freien Journalisten Michael Trammer hätten viele Menschen mit Migrationsgeschichte das Gefühl, für den Anschlag verantwortlich gemacht zu werden. Der Fahrer des Autos, der dieses in eine Menschenmenge auf einem Magdeburger Weihnachtsmarkt fuhr, stammt aus Saudi-Arabien.
Attentäter inszeniert sich als Anti-Islamist
Er kam 2006 als politischer Flüchtling nach Deutschland. Er arbeitete unter anderem als Arzt in einem Klinikum in Bernburg. Analysen seiner Social-Media-Postings förderten zutage, dass er sich in erheblichem Maß verfolgt fühlte und bereits zahlreiche Drohungen gegen Privatpersonen, Verbände und Behörden ausgesprochen hatte. Ein islamistischer Hintergrund liegt seinem Attentat jedoch nicht zugrunde. Im Gegenteil. Er warnte immer wieder vor einer Islamisierung Deutschlands, wütete gegen Regierungen muslimischer Staaten und war glühender Anhänger von Elon Musk, der AfD und zahlreicher Verschwörungserzählungen.
Bei seiner Amokfahrt tötete er fünf Menschen, darunter ein Kind. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt, mehr als 70 von ihnen schwer. Mittlerweile schwebt keiner der Verletzten mehr in Lebensgefahr.
Auch die Fach- und Beratungsstelle für Gewalt und Radikalisierungsprävention "Salam" berichtet dem MDR von einer teils feindseligen Stimmung gegenüber Menschen mit Migrationsgeschichte. Ihr seien zahlreiche verbale und körperliche Angriffe gemeldet worden. In einem Fall sei ein Mann von vier Angreifern attackiert worden, in anderen Fällen blieb es bei Beschimpfungen wie "Terroristen", "Verbrecher" oder "Pack".
Nach Angaben des "Netzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt" (Lamsa) sollen Rechtsextreme zudem Menschen durch die Stadt gejagt haben. Auch gegen Mitarbeiter habe es Drohungen und Beleidigungen gegeben. Der Anschlag sei von Rechtsextremen im Vorfeld gezielt instrumentalisiert worden. Die islamfeindliche Rhetorik trage zur Gewaltdynamik bei, heißt es von der Organisation. Und das, obwohl der Verdächtige sich selbst als Vorkämpfer gegen eine angebliche Islamisierung Deutschlands sah.
Quelle: ntv.de, als