Aktivistin aus Autowrack geholt Polizei setzt Räumung von Lützerath fort
12.01.2023, 08:25 Uhr
Polizisten steigen in eines der besetzten Häuser in Lützerath ein.
(Foto: dpa)
Einen Tag braucht die Polizei, um Lützerath zu umzäunen und damit den Zugang zum Braunkohle-Dorf zu erschweren. Nun sollen auch die letzten verbliebenen Aktivisten aus dem Ort herausgeholt werden. Doch die wehren sich mit drastischen Mitteln.
Die Polizei hat die Räumung des von Aktivisten besetzten Braunkohleortes Lützerath fortgesetzt. Einsatzkräfte drangen am Morgen in ein Gehöft ein. Sie sägten ein Loch in ein Tor und verschafften sich dadurch Zutritt. An dem Gehöft hängt ein großes gelbes Banner mit der Aufschrift "1,5°C heißt: Lützerath bleibt!". Einige Aktivisten, die drinnen waren, wurden weggebracht. Wenig später fuhr die Polizei eine Hebebühne auf den Innenhof des Gehöfts. "Die Räumung geht weiter", sagte ein Polizeisprecher.
Unterdessen hat die Polizei einen neuen, anderthalb Kilometer langen Zaun zur Umfriedung Lützeraths fast vollendet. Nur die Tore fehlten noch, sagte ein RWE-Konzernsprecher am Morgen. Die Tore sollen im Laufe des Tages eingehängt werden. RWE hatte am Mittwoch mit der Errichtung des etwa zwei Meter hohen Doppelzauns - also von zwei Zäunen nebeneinander - begonnen, um die Ortschaft als Betriebsgelände zu markieren.
Der Zaun soll Unbefugte daran hindern, die Ortschaft zu betreten, sagte der RWE-Sprecher. Sobald die Polizei einzelne Bereiche für geräumt erklärt hat, sollen Bagger mit dem "geordneten Rückbau" - also dem Abriss - beginnen. "Wann das sein wird, wissen wir nicht", sagte der Sprecher. "Sicherheit für alle Beteiligte hat für uns dabei absoluten Vorrang."
Frau zementierte sich Füße ein
Am Mittwochmorgen hatte die Räumung von Lützerath begonnen, die im Laufe des heutigen Tages fortgesetzt werden soll. In der ersten Nacht nach Beginn der Räumung blieb es weitgehend ruhig. Es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Am Mittwochabend seien einige Böller geworfen und Feuerwerksraketen aus einem besetzten Gebäude gezündet worden, verletzt wurde aber niemand.
Währenddessen holte die Polizei eine Gruppe von Klimaaktivistinnen und Aktivisten von einem Lagerhallendach. An einer anderen Stelle war die Polizei in der Nacht mehrere Stunden damit beschäftigt, eine Aktivistin aus einem Autowrack zu befreien, das als Hindernis auf einem Weg aufgebaut worden war. Die Frau hatte sich in dem Wrack verschanzt und ihre Füße in den Weg zementiert. In den frühen Morgenstunden konnte sie herausgeholt werden.
Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach verteidigte das Vorgehen der Polizei. Die Strategie habe Früchte getragen und es sei gelungen, durch Kommunikation über 200 Demonstranten dazu zu bewegen, das Gelände freiwillig zu verlassen, sagte Weinspach im ZDF. Einige Situationen bei der Räumung habe man dadurch entschärfen können, dass man miteinander rede. Es sei immer gut, auf das Wort als erstes Einsatzmittel zu setzen. "Das werden wir auch weiterhin tun", sagte Weinspach.
Polizei: Gewaltbereite Minderheit
Zugleich sprach der Polizeipräsident von Gewalt seitens der Aktivisten am Mittwoch, die aber nicht bestimmend gewesen sei. Die gewaltbereite Szene sei in der Minderheit. Die Zahl derer, die zu Gewaltstraftaten bereit seien, liege im "unteren zweistelligen Bereich".
Der Energiekonzern RWE will die unter Lützerath liegende Braunkohle abbaggern - dafür soll der Weiler auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz abgerissen werden. In der Ortschaft leben seit Monaten Klimaaktivisten in leerstehenden Häusern. Sie wollen dort ausharren, um die Verbrennung der Kohle zu verhindern und Schäden für das Klima abzuwenden.
Quelle: ntv.de, jug/dpa