Politik

"Schwarzer Tag" für Israel Protest gegen Justizreform - Israelische Ärzte streiken

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Die seit Monaten andauernden Proteste in Israel eskalieren nach der Verabschiedung der umstrittenen Justizreform. Die Ärztekammer streikt, auch der Gewerkschaftsverband droht mit einem Generalstreik. Viele Zeitungen sprechen von einem "schwarzen Tag für die israelische Demokratie".

Nach der Verabschiedung eines wichtigen Teils der umstrittenen Justizreform am Montag kommt Israel nicht zur Ruhe: Die Ärztekammer rief einen Streik aus, von dem nur die Notdienste ausgenommen seien. "Die zum Dialog ausgestreckte Hand blieb in der Luft hängen", erklärte der Vorsitzende der israelischen Ärztekammer, Zion Hagay. Der Gewerkschaftsverband Histadrut hatte zuvor mit einem erneuten Generalstreik gedroht.

Zahlreiche Gruppen, darunter die Rechtsanwaltskammer, reichten beim Obersten Gerichtshof Petitionen ein, um das neue Gesetz zu kippen. Drei große israelische Tageszeitungen titelten "Ein schwarzer Tag für die israelische Demokratie" und veröffentlichten eine Anzeige von Gegnern der Justizreform.

Wenige Stunden nach Beginn des Ärztestreiks erklärte ein Arbeitsgericht den Streik für unzulässig. Die Richter gaben damit einem Antrag der Regierung statt, wie israelische Medien meldeten. Die Regierung hatte demnach das Ende der Arbeitsniederlegung gefordert. Das zuständige Arbeitsgericht ordnete den Berichten zufolge eine einstweilige Verfügung an. Ärzte, Schwestern und weiteres medizinisches Personal müssen nun ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Das israelische Parlament hatte am Montag mit den Stimmen aller 64 Abgeordneten der rechts-religiösen Regierungsmehrheit die sogenannte Angemessenheitsklausel verabschiedet. Sie nimmt dem Obersten Gericht die Möglichkeit, Regierungsentscheidungen als "unangemessen" einzustufen und sie außer Kraft zu setzen. Die Abgeordneten der Oppositionsparteien boykottierten die Abstimmung, mehrere von ihnen riefen "Schande, Schande".

58 Festnahmen

Gegner der Reform begleiteten die Parlamentsabstimmung mit erneuten massiven Protesten. Bis spät in die Nacht blieben Demonstranten auf den Straßen, darunter in Jerusalem und Tel Aviv. Nach Angaben der Polizei wurden 58 Menschen festgenommen.

Ein Mensch sei festgenommen worden, der mit einem Auto auf Demonstranten zugefahren sein soll, die eine Autobahn blockierten. In Tel Aviv setzten Beamte Wasserwerfer ein, um Demonstranten auf einer Hauptverkehrsstraße auseinanderzutreiben.

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Die Angemessenheitsklausel ist einer der umstrittensten Bestandteile der Justizreform. Diese zielt darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken. Kritiker fürchten infolge der Schwächung der Justiz um die Demokratie in Israel. Befürworter argumentieren hingegen mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts in der Gewaltenteilung.

Die Justizreform spaltet die israelische Bevölkerung. Seit mehr als einem halben Jahr protestieren landesweit Zigtausende gegen das Vorhaben.

Quelle: ntv.de, cls/AFP

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