Neue Doktrin unterzeichnet Putin senkt Schwelle für Einsatz von Atomwaffen
19.11.2024, 15:02 Uhr Artikel anhören
Eine russische Atomrakete fährt am 8. Mai 2011 bei der Militärparade zum Tag des Sieges über den Roten Platz in Moskau.
(Foto: dpa)
Mit immer neuen Atomdrohungen will Russland den Westen einschüchtern und so die Unterstützung der Ukraine untergraben. Bislang ohne Erfolg. Jetzt setzt der russische Machthaber Putin eine angepasste Nukleardoktrin in Kraft.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine angepasste Nukleardoktrin unterzeichnet. Ein von einer Atommacht unterstützter Angriff einer Nation auf Russland mit konventionellen Waffen werde als gemeinsame Attacke aufgefasst, hieß es in einer Erklärung. Auf jeglichen großen Luftangriff könnte Russland mit dem Einsatz von Atomwaffen reagieren.
Dem Dokument zufolge könnte Russland als Reaktion auf einen Atomschlag oder einen konventionellen Angriff, der eine "kritische Bedrohung für die Souveränität und territoriale Integrität" des Landes und seines Verbündeten Belarus darstellt, Atomwaffen einsetzen. Ob eine solche Reaktion für Russland zwingend wäre, bleibt offen.
In dem Dokument heißt es auch, sollte ein Mitglied eines Militärbündnisses oder einer Koalition Russland angreifen, werde dies "als Aggression des gesamten Blocks" betrachtet. Gleichzeitig wird präzisiert, dass Russland seine Kernwaffen im Falle eines massiven Luftangriffs mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern, Flugzeugen, Drohnen und anderen Flugkörpern einsetzen könne. Bislang war nur von einem Angriff mit ballistischen Raketen die Rede.
Dokument vage formuliert
Die vagen Formulierungen lassen Raum für Interpretationen, was zu den wichtigsten Grundsätzen der nuklearen Abschreckung gehört. Diese beruht auf der Ungewissheit über Ausmaß, Zeitpunkt und Ort eines möglichen Einsatzes von Kernwaffen. Seit Putin seine Truppen im Februar 2022 in den Krieg gegen die Ukraine geschickt hat, haben er und andere russische Stimmen dem Westen häufig mit Russlands Atomwaffenarsenal gedroht, um ihn davon abzuhalten, Kiew stärker zu unterstützen.
Russische Scharfmacher hatten seit Monaten eine Verschärfung der Doktrin gefordert. Sie argumentieren, dass die bisherige Version den Westen nicht davon abgehalten habe, seine Hilfe für die Ukraine zu erhöhen. Putin warnte den Westen, wenn dieser es der Ukraine gestatte, russisches Territorium mit vom Westen gelieferten weitreichenden Waffen anzugreifen, befänden sich Russland und die NATO im Krieg.
Im September kündigte er an, die russische Nukleardoktrin zu ändern. Jetzt setzte er die neue Nukleardoktrin wenige Tage nach der Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden in Kraft, der Ukraine zu erlauben, von den USA gelieferte Raketen mit größerer Reichweite gegen Ziele in Russland einzusetzen.
Quelle: ntv.de, lar/AP