"Keine massiven Schläge mehr" Putin will verfehlte Angriffsziele doch noch treffen
14.10.2022, 17:03 Uhr
"Wir handeln richtig und rechtzeitig", sagt der russische Präsident.
(Foto: dpa)
Er bereut nichts: Russlands Präsident Putin hält an der "militärischen Spezial-Operation" in der Ukraine fest und gibt den Kurs für die nächsten Wochen vor. Moskau habe nicht das Ziel, "die Ukraine zu vernichten", beschwichtigt der Kremlchef. Kiew muss sich aber auf weiteren Beschuss gefasst machen.
Nach den schweren Angriffen auf weite Teile der Ukraine zu Wochenbeginn hat Russlands Präsident Wladimir Putin weiteren Beschuss angedroht. Von insgesamt 29 ins Visier genommenen Objekten seien 7 "nicht so beschädigt worden, wie das vom Verteidigungsministerium geplant war", sagte Putin zum Abschluss eines Gipfels in der kasachischen Stadt Astana in Zentralasien. "Aber sie werden sie nachholen, die Objekte." Um welche Ziele es sich dabei konkret handele, sagte der Kremlchef nicht.
Zugleich betonte er, dass aktuell keine weiteren großflächigen Angriffe geplant seien: "Es braucht derzeit keine massiven Schläge mehr. Jetzt gibt es andere Aufgaben." Danach werde man weitersehen. Russland setze sich "nicht das Ziel, die Ukraine zu vernichten", versicherte der russische Staatschef. Rund siebeneinhalb Monate nach Kriegsbeginn hatte Russland am Montag mehr als 80 Raketen auf die Ukraine abgefeuert - darunter auch auf die Hauptstadt Kiew. Rund 20 Menschen wurden getötet und mehr als 100 verletzt. Die Angriffe zielten offenbar vor allem auf die Energieinfrastruktur des Nachbarlandes. In mehreren Regionen fiel zwischenzeitlich der Strom aus.
Angesichts der vorgelagerten Explosion auf der Krim-Brücke, für die Russland die Ukraine verantwortlich macht, drohte Putin mit einem Aus für das Getreideabkommen mit dem Land. Der russische Geheimdienst FSB habe die Information, dass der Sprengsatz für die Brücke auf dem Seeweg aus Odessa gekommen sei. "Wenn sich herausstellt, dass dafür die humanitären Korridore für die Ausfuhr von Getreide genutzt wurden, dann schließen wir sie."
Derzeit gebe es allerdings noch keine endgültigen Beweise dafür, räumte er ein. Am Vortag hatte schon Putins Berater Juri Uschakow die Verlängerung des Abkommens infrage gestellt, weil Versprechungen gegenüber Russland, Sanktionen im Bereich des Lebens- und Düngemittelexports abzuschwächen, nicht eingehalten worden seien. So lägen unter anderem noch 300.000 Tonnen russischer Düngemittel in europäischen Häfen fest.
Keine zweite Mobilisierungswelle geplant
Auf die Frage, ob er mit Blick auf den in Moskau weiter nur als "militärische Spezial-Operation" bezeichneten Krieg etwas bereue, sagte Putin nun: "Nein." Dann fügte er hinzu: "Ich möchte das klarstellen: Was heute passiert, ist, gelinde gesagt, unangenehm, aber wir hätten das Gleiche etwas später bekommen, nur zu schlechteren Bedingungen für uns. Wir handeln also richtig und rechtzeitig." Immer wieder rechtfertigt der Kremlchef seinen Angriffskrieg mit einer angeblichen Bedrohung von der durch den Westen unterstützten Ukraine für Russland. Internationale Beobachter halten das jedoch für einen reinen Vorwand.
Nach Aussage Putins plant Russland derzeit keine weitere Mobilisierung von Reservisten über die bislang verkündete Teilmobilisierung hinaus. In der "vorhersehbaren Zukunft" sehe er keine Notwendigkeit, weitere Reservisten einzuziehen. Bisher seien 222.000 Reservisten zu den Waffen gerufen worden, in rund zwei Wochen werde die geplante Zahl von 300.000 erreicht sein. Von den Einberufenen seien 16.000 bereits "in kämpfenden Einheiten". Russlands Präsident trat zudem Befürchtungen der Bevölkerung entgegen, es könnte bereits eine zweite Mobilisierungswelle geplant sein. "Vom Verteidigungsministerium sind diesbezüglich keine Vorschläge eingegangen, und auf absehbare Zeit sehe ich auch keinen Bedarf."
Zur Frage eines möglichen Treffens mit US-Präsident Joe Biden am Rande des G20-Gipfels in Indonesien im kommenden Monat sagte Putin, er sehe dafür "ehrlich gesagt keine Notwendigkeit". Es sei auch noch nicht entschieden, ob er persönlich nach Bali zum Gipfel fliegen werde. Er zeigte sich aber für Gespräche mit der Ukraine und für Vermittlungsbemühungen von Ländern wie der Türkei offen. Erstmals räumte der Kreml-Chef auch ein, dass die anderen Partnerländer Russlands in der Ex-Sowjetunion wegen des Konfliktes in der Ukraine "besorgt" seien.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP