Politik

Kritik am Kremlchef zu Lebzeiten Putin: Gorbatschow hat Weltgeschichte beeinflusst

Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow im Jahr 2002 mit Wladimir Putin, der damals bereits russischer Präsident war.

Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow im Jahr 2002 mit Wladimir Putin, der damals bereits russischer Präsident war.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Das Kondolenzschreiben ist kurz gehalten. Darin würdigt Kremlchef Putin den verstorbenen Ex-Staatschef der Sowjetunion für dessen Reformanstrengungen zu Zeiten "dramatischer Veränderungen". Gorbatschow habe den Lauf der Geschichte beeinflusst, schreibt der Kremlchef.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Michail Gorbatschow als einflussreiche Persönlichkeit der Zeitgeschichte gewürdigt. Der letzte Staatschef der Sowjetunion sei "ein Politiker und Staatsmann" gewesen, "der einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Weltgeschichte hatte", heißt es in dem vom Kreml veröffentlichten, kurz gehaltenen Beileidstelegramm an die Angehörigen. Gorbatschow habe "unser Land durch eine Zeit komplexer und dramatischer Veränderungen und großer außenpolitischer, wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen geführt".

Gorbatschow habe den großen Reformbedarf erkannt und versucht, seine Lösungen für das Problem anzubieten, schrieb Putin. Zudem ging der russische Präsident auf Gorbatschows Engagement nach dessen Amtszeit als Staats- und Parteichef ein: "Besonders betonen möchte ich die große humanitäre, wohltätige und aufklärerische Tätigkeit, die Michail Sergejewitsch Gorbatschow all die letzten Jahre ausübte." Der Friedensnobelpreisträger selbst, der 91 Jahre alt wurde, hatte Putin zu Lebzeiten mehrfach für die Einschränkungen von Freiheit und Demokratie in Russland kritisiert.

Gorbatschow war am Dienstag in Moskau gestorben. Er hatte die Sowjetunion als deren letzter Staatschef in den Jahren 1985 bis 1991 geführt - dabei setzte er sich für eine Entspannung mit dem Westen ein und machte dadurch unter anderem die Wiedervereinigung Deutschlands sowie den NATO-Beitritt osteuropäischer Länder möglich.

Scholz appelliert an Russland, Gorbatschow zu ehren

Am Dienstag hatte Putin durch seinen Sprecher Dmitri Peskow zunächst erklären lassen, er drücke Gorbatschows Angehörigen sein "tiefstes Beileid" aus. In der Vergangenheit hat Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion als die "größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts" bezeichnet und versprochen, das Land zu alter Stärke zurückzuführen.

Dem Kreml zufolge wird noch entschieden, ob es für Gorbatschow ein Staatsbegräbnis geben wird. Die Entscheidung hänge auch von den Wünschen der Angehörigen und Freunde ab, erklärte Peskow.

Bundeskanzler Olaf Scholz will nicht sagen, ob er an einer Trauerfeier für den letzten sowjetischen Staatschef teilnehmen würde. "Ich glaube, das ist jetzt nicht der Ort oder der Zeitpunkt, um über Reisen zu reden", sagt Scholz auf eine entsprechende Frage zum Abschluss der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. "Ich hoffe, dass der russische Staat seinem früheren Staats- und Regierungschef die Ehre erweist, die ihm gebührt."

(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 31. August 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP/rts

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