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Per Volksabstimmung Ramelow will Grundgesetz in Verfassung ändern

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"Ich will keine neue, ganz andere Verfassung", sagt Bodo Ramelow.

"Ich will keine neue, ganz andere Verfassung", sagt Bodo Ramelow.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das Grundgesetz wird 75 Jahre alt. Ein gutes Datum, um es abzuschaffen und dafür eine Verfassung in Kraft zu setzen? Dieser Meinung ist zumindest Bodo Ramelow. Thüringens Ministerpräsident will damit Verschwörungstheoretikern, "Reichsbürgern" und anderen "Schwurblern" den Wind aus den Segeln nehmen.

Anlässlich des 75. Jahrestags der Grundgesetz-Verkündung schlägt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow vor, das Regelwerk per Volksabstimmung zur deutschen Verfassung zu machen. Ein solcher Schritt würde in Ostdeutschland eine "emotionale Fremdheit" gegenüber dem Grundgesetz überwinden helfen, erklärte der Linken-Politiker in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Ramelow wies darauf hin, dass ein solcher Schritt im Artikel 146 bereits angelegt ist. Der Artikel befristet die Gültigkeit des Grundgesetzes auf den Tag, "an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist". Der 75. Jahrestag steht am Donnerstag an, er bezieht sich auf die Verkündung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat 1949.

Eine Volksabstimmung sei auch nötig, weil es viele Verschwörungstheoretiker, "Reichsbürger" und "andere Schwurbler" gebe, die alle aus Artikel 146 herleiteten, dass es die Bundesrepublik nicht gebe, erläuterte Ramelow. "Dann ist es klar, dass all die Schreihälse nur eine radikale Minderheit sind." Größere inhaltliche Änderungen wünscht er sich nicht: "Ich will keine neue, ganz andere Verfassung."

"Reichsbürger" und "Selbstverwalter"

Reichsbürger" und "Selbstverwalter" verneinen die Existenz der Bundesrepublik Deutschlands und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und anderen Staatsbediensteten die Legitimation ab. Nach Ansicht der meisten "Reichsbürger" besteht das Deutsche Reich fort und das Grundgesetz ist lediglich "Besatzungsrecht". "Selbstverwalter" betrachten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie vertreten häufig übergeordnete philosophische oder religiöse Ansätze, mit denen sie das vermeintliche Recht zur Ausrufung eigener Fantasiestaaten oder Rechtssysteme begründen.
Beide Strömungen lehnen den deutschen Staat und seine Repräsentanten grundsätzlich ab. Hieraus ergibt sich auch die erhöhte Bereitschaft, Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu begehen. Betroffen sind insbesondere Polizei, Justiz und Finanzämter; grundsätzlich können jedoch alle öffentlichen Stellen in den Fokus geraten. Gefährlich ist hierbei auch die hohe Waffenaffinität des Milieus. (Quelle: Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg)

Ramelow nannte es auch richtig, dass 1990 die Wiedervereinigung durch einen raschen Beitritt der ostdeutschen Länder zur Bundesrepublik vollzogen und nicht erst die Erarbeitung einer gemeinsamen Verfassung abgewartet wurde. "Wenn Deutschland diesen Weg nicht gegangen wäre, dann hätten die Bedenkenträger und Skeptiker unter unseren Nachbarn wohl die Oberhand gewonnen", sagte er. "Aber die Frage nach einer Verfassung nach Artikel 146 ist trotzdem offen. Das ist der zweite Schritt. Und dieser Schritt fehlt bis heute."

Quelle: ntv.de, hny/dpa

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