ntv Koalitionsrechner zur Wahl Wer mit wem in Potsdam?
23.09.2024, 13:06 Uhr Artikel anhören
Ausblick auf Brandenburg nach der Wahl: Wie sehen die Koalitionsoptionen im Potsdamer Landtag aus? (Bild-Montage)
(Foto: ntv.de / mmo)
Was folgt in Brandenburg nach der Wahl? Klar ist: Ohne die Grünen ist die Kenia-Koalition Geschichte. Welche Optionen sind in Brandenburg abseits von Rot-Schwarz-Grün rein rechnerisch möglich? Ein Blick auf alle denkbaren politischen Perspektiven.
Bei der Landtagswahl in Brandenburg haben die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten, dem amtierenden Ministerpräsidenten Dietmar Woidke, einen knappen Wahlsieg errungen. Eine Fortsetzung der bisherigen rot-schwarz-grünen Regierungskoalition kann es jedoch nicht geben: Die Grünen scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde und verpassen den Wiedereinzug in den Landtag.
Was heißt das für die Koalitionsoptionen im brandenburgischen Landtag? Ein Blick auf den ntv.de Koalitionsrechner mit dem vorläufigen amtlichen Ergebnis zum Wahlausgang:
Hinweis: Die Daten zum Koalitionsrechner werden laufend aktualisiert.
Schon in den ersten Prognosen nach Schließung der Wahllokale schnitt die SPD stärker ab als auf Basis der Umfragewerte erwartet worden war. Zeitweise sah es am Wahlabend sogar so aus, als könnte es in Potsdam hauchdünn für eine rot-schwarze Zweier-Koalition reichen. Mit den Grünen im Landtag hätte sich sogar eine komfortable Mehrheit ergeben. Die Schwelle zur absoluten Mehrheit liegt bei 45 Sitzen.
Ohne die Grünen wird es dagegen eng: Im Brandenburger Landtag sind laut amtlichen Auszählungsergebnis künftig nur noch vier Fraktionen vertreten. Neben der SPD und der CDU sind das das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) und die die AfD, wobei letztere in den kommenden Jahren in Brandenburg über die Sperrminorität verfügen. Da SPD und CDU zusammen keine tragfähige Mehrheit erreichen und die Grünen nicht mehr im Landtag vertreten sind, braucht es zur Regierungsbildung in Brandenburg wohl eine neue Dreierkoalition.
Die Brandenburger CDU strebt nach der Landtagswahl eigenen Angaben zufolge keine Gespräche mit dem bisherigen Koalitionspartner SPD an. "Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was wir in diesen Gesprächen besprechen sollen", sagte CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann in Potsdam. "Für uns gibt es keinen Regierungsauftrag. Es gibt nämlich keine Mehrheit für SPD und CDU."
Deshalb sei für die CDU klar, dass Sondierungsgespräche zwischen der SPD und dem BSW geführt werden müssten. "Jetzt müssen sie daraus auch was machen für dieses Land."
Rein rechnerisch wäre eine neuartige rot-lilafarbene Zweierkoalition möglich. Der amtierende und wohl auch künftige Ministerpräsident Woidke wollte nach der Wahl zunächst jedoch auf die CDU zugehen. "Ich werde als Erstes der CDU anbieten, Gespräche zu führen", sagte Woidke am Wahlabend. Mit welchen Partnern man außerdem arbeiten könne, hänge davon ab, wer noch in den Landtag einziehen werde und wer bereit sei, Verantwortung zu übernehmen.
Woidke wird voraussichtlich nicht darum herumkommen, auch mit dem BSW zu sprechen - oder andere Wege wie etwa eine Minderheitenregierung finden. Der SPD-Spitzenkandidat für Brandenburger rang im Wahlkampf bis zuletzt darum, mit seiner Partei stärkste Kraft in dem ostdeutschen Bundesland zu bleiben. In den Erhebungen der vergangenen Wochen lag allerdings durchgehend die AfD vorn - wobei sich der knappe Vorsprung der Rechten in den Umfragen zuletzt deutlich verringerte.
Die AfD hat ihr Ziel verfehlt, in Brandenburg - wie zuvor in Thüringen - zur stärksten Kraft im Land aufzusteigen. Anspruch auf das Regierungsamt kann AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt ohnehin kaum erheben: Der Gründer des vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Vereins "Zukunft Heimat" stand und steht in Potsdam bisher politisch komplett isoliert ohne Partner da - und damit auch ohne realistische Mehrheit.
Der amtierende Ministerpräsident Woidke, der seit Sommer 2013 in Brandenburg die Regierungsgeschäfte führt, ist in der Bevölkerung beliebt. Gut die Hälfte der Befragten wollte ihn einer Umfrage zufolge gerne weiter im Amt des Ministerpräsidenten sehen. Dietmar Woidke setzte alles auf eine Karte: Für den Fall eines Wahlsiegs der AfD stellte er sogar seinen Rücktritt in Aussicht.
"Wenn die AfD auf Platz eins landet, kann ich als Ministerpräsident nicht weitermachen", sagte Woidke wörtlich. Sollten die Ergebnisse am Wahlabend nicht weit von den letzten Umfragewerten abweichen, könnte es für den Sozialdemokraten womöglich sogar zu einer rechnerisch möglichen Zweierkoalition mit der CDU reichen.
Nur drei Parteien neben der SPD
Vieles hing in Brandenburg davon ab, wie viele Stimmen die kleineren Parteien erhalten. Da es weder Grünen noch Linken oder Freien Wähler über die Fünf-Prozent-Hürde schafften, kam es auf die Stimmergebnisse in den Regionen an: Wenn eine der kleineren Parteien in einem der 44 brandenburgischen Wahlkreise ein Direktmandat errungen hätte, wäre der Sprung in den Landtag über den Umweg der Grundmandatsklausel doch noch gelungen.
Beim Landeswahlleiter heißt es dazu: "Es ziehen nur die Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen in den Landtag ein, die fünf Prozent der im Wahlgebiet gültigen Zweitstimmen erhalten oder mindestens in einem Wahlkreis einen Sitz errungen haben."
Nach der Wahl sind die Ausgangsbedingungen für Woidke klar. Er muss sich auf eine neue Konstellation einlassen. Künftig sind im brandenburgischen Landtag nur noch vier statt bisher sechs Parteien vertreten. Statt "Kenia" könnte das für die SPD womöglich bedeuten, eine Regierung auf Basis einer rot-schwarz-lilafarbenen Koalition zu schmieden - oder sich gar auf eine Zweierkoalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht einzulassen.
Quelle: ntv.de, mmo