Eklat in Jerusalem Rechtsextremer Polizeiminister provoziert auf dem Tempelberg
13.08.2024, 16:19 Uhr Artikel anhören
Itamar Ben-Gvir (M.) geht umgeben von seinem Sicherheitspersonal zum Tempelberg.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Der Tempelberg ist Jerusalems sensibelste heilige Stätte. Juden dürfen ihn laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden besuchen, dort aber nicht beten. Israels Polizeiminister Ben-Gvir will das ändern und empört mit Aussagen während eines Besuchs vor Ort.
Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hat erneut mit einem Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem provoziert. Dabei forderte er, jüdisches Gebet an dem Ort zuzulassen. In einem vor Ort gedrehten und auf X veröffentlichten Video sprach Ben-Gvir sich zudem erneut gegen Verhandlungen mit der Hamas über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie die Freilassung der noch im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln aus. Er schwor, "die Hamas zu besiegen".
Am Morgen "beteten, tanzten und hissten etwa 2250 Juden die israelische Flagge" auf dem Tempelberg, teilte die für die Verwaltung des Geländes zuständige jordanische Waqf-Stiftung mit. Die israelische Polizei habe Beschränkungen verhängt und "nur einige muslimische Gläubige hereingelassen", erklärte ein Beamter, der anonym bleiben wollte.
Am Trauertag Tischa Beav gedenken Juden der Zerstörung ihres Tempels durch die Römer im Jahr 70, der an der Stelle der heutigen islamischen Heiligtümer im Osten Jerusalems stand. Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee in der Jerusalemer Altstadt ist die drittheiligste Stätte im Islam und steht im Mittelpunkt des israelisch-palästinensischen Konflikts. Er steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist.
"Keine private Politik irgendeines Ministers"
Die Stätte ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Sie dürfen ihn laut eines nach der israelischen Eroberung Ostjerusalems im Jahr 1967 verhängten Status quo zwar betreten, dort jedoch nicht offiziell beten - zum Ärger rechtsgerichteter Israelis, die gegen das Verbot immer wieder verstoßen.
Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte nach Ben-Gvirs Besuch mit, dass Israels Politik sich auf dem Tempelberg nicht geändert habe. Ben-Gvirs Aktion auf dem Tempelberg sei eine Ausnahme vom Status quo gewesen, der sich nicht ändern werde. Es werde "keine private Politik irgendeines Ministers auf dem Tempelberg - weder des Innenministers noch irgendeines anderen Ministers" - geben, hieß es. Israelische Medien veröffentlichten zudem Aufnahmen, die zeigen sollen, wie Dutzende jüdische Gläubige während des Besuchs des Ministers beten.
Beten mit mehr als 1600 Juden
Ben-Gvir hatte die Vereinbarung mit den muslimischen Behörden in der Vergangenheit als "rassistisch" und Diskriminierung von Juden kritisiert. Die Palästinenser befürchten, Israel wolle seine Kontrolle der heiligen Stätte ausweiten.
Israelischen Medien zufolge kamen insgesamt mehr als 1600 Juden am Morgen auf den Tempelberg. Die Palästinensische Autonomiebehörde verurteilte dies. Oppositionsführer Jair Lapid kritisierte Ben-Gvirs "Wahlkampf auf dem Tempelberg", der im Widerspruch zur Position der Sicherheitskräfte des Landes stehe und Leben gefährde. Er sprach von einer "Gruppe verantwortungsloser Extremisten" innerhalb der Regierung.
Gegner des Geisel-Abkommens
Ben-Gvir hatte bereits im Juli ein provokantes Video veröffentlicht, in dem er bei einem Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem zu sehen ist. "Ich bin an den wichtigsten Ort des jüdischen Volkes gekommen, um für die Geiseln zu beten, dass sie nach Hause kommen, aber nicht durch eine Kapitulationsvereinbarung", sagte Ben-Gvir in der Aufnahme, die ihn vor dem Felsendom zeigt.
Ben-Gvir ist entschiedener Gegner eines Geisel-Abkommens zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas, die mit ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte. Zuletzt drohte er Ministerpräsident Netanjahu immer wieder mit Koalitionsbruch, sollte der Zugeständnisse an die Hamas machen.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP