Durchsuchungen in sechs Städten "Reichsbürger" sollen sich als Staatsanwälte ausgegeben haben
11.01.2024, 17:03 Uhr Artikel anhören
Festnahmen gab es laut Polizei nicht.
(Foto: David Inderlied/dpa/Symbolbild)
Sie sollen sich in E-Mails oder Faxen als Staatsanwälte ausgegeben haben. Bei sechs "Reichsbürgern" in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen rückt die Polizei mit Spezialkräften an, um Razzien durchzuführen. Dabei finden sie auch verbotene Stichwaffen und Drogen.
Polizisten sind in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu Durchsuchungen bei sechs mutmaßlichen Angehörigen der "Reichsbürger"-Szene angerückt, die sich illegalerweise als Staatsanwälte ausgegeben haben sollen. Nach Angaben der Polizei im niedersächsischen Nienburg waren an den Razzien bei den Beschuldigten im Alter von 56 bis 67 Jahren aus Sicherheitsgründen auch Spezialkräfte beteiligt. Es ging dabei um die Sicherung von Beweismitteln.
Festnahmen gab es laut Polizei nicht. Die Durchsuchungen fanden in Rinteln in Niedersachsen sowie in Vlotho, Porta Westfalica, Herford, Detmold und Bielefeld in Nordrhein-Westfalen unmittelbar an der Grenze zwischen beiden Bundesländern statt. Die Beschuldigten sollen sich demnach in E-Mails oder Faxschreiben als Staatsanwälte ausgegeben haben. Die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Bückeburg ermittelt deshalb wegen Missbrauchs von Titeln.
Nach Angaben der Ermittler wurden bei den sechs Razzien am Donnerstagmorgen verfahrensrelevante Beweismittel wie gefälschte Ausweise und Datenträger beschlagnahmt. Daneben wurden auch verbotene Stichwaffen, Schlagringe und Elektroschockgeräte sowie mutmaßliche Drogen gefunden. In diesen Fällen würden gegebenenfalls zusätzliche Strafverfahren eingeleitet, hieß es.
Die Szene der sogenannten "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" ist bundesweit aktiv. Sie besteht aus verschiedenen Gruppierungen sowie mehr oder weniger unorganisierten Einzelvertretern. Ihre Angehörigen sehen die Bundesrepublik nicht als legitimen Staat an und fühlen sich an Gesetze, Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen vielfach nicht gebunden. Es gibt Überschneidungen mit den Szenen von Rechtsextremisten sowie Anhängern von Verschwörungsideologien.
Reichsbürger" und "Selbstverwalter" verneinen die Existenz der Bundesrepublik Deutschlands und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und anderen Staatsbediensteten die Legitimation ab. Nach Ansicht der meisten "Reichsbürger" besteht das Deutsche Reich fort und das Grundgesetz ist lediglich "Besatzungsrecht". "Selbstverwalter" betrachten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie vertreten häufig übergeordnete philosophische oder religiöse Ansätze, mit denen sie das vermeintliche Recht zur Ausrufung eigener Fantasiestaaten oder Rechtssysteme begründen.
Beide Strömungen lehnen den deutschen Staat und seine Repräsentanten grundsätzlich ab. Hieraus ergibt sich auch die erhöhte Bereitschaft, Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu begehen. Betroffen sind insbesondere Polizei, Justiz und Finanzämter; grundsätzlich können jedoch alle öffentlichen Stellen in den Fokus geraten. Gefährlich ist hierbei auch die hohe Waffenaffinität des Milieus. (Quelle: Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg)
Quelle: ntv.de, lve/AFP